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Samstag, 10. Januar 2015
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Wie im ersten Teil beschrieben, empfingen mich in der Stadt des guten alten Ludwig van gediegene -6°C. Ein frostiger Empfang – aber ich hatte ja Sonne mitgebracht und somit war meine gute Grille gerettet. Schnurstracks velozipedierte ich in Richtung Turm No. 59 der unendlichen Rundfahrt.
Wie so häufig, war der Turm nicht ganz so einfach zu finden. Sicher, man findet im Schilderwald allerlei Hinweise zu den touristischen Attraktionen... die beziehen sich allerdings samt und sonders auf das Wirken des guten alten Ludwig van.
Das ist auch legitim, ich hoffte indes, ganz insgeheim, auf den ein oder anderen Passanten, den ich einer peinlichen Befragung unterziehen konnte. Travelling the american way, you know?
Gut, das Waterboarding fiel alleine schon auf Grund der Temperaturen aus – oder kennen Sie, geneigter Leser, das Gefühl des Ertrinkens durch Eiswürfel? Na also!
Und sowieso fiel eine Befragung im Allgemeinen aus, war nämlich keiner da, den man hätte befragen können.
Es war den Damen und Herren Einwohnern wohl zu kalt gewesen, um vor die Tür zu gehen.
Die saßen bestimmt alle in Decken gehüllt und mit heißem Tee vom Roten Kreuz versorgt vor der Glotze und haben Skispringen geguckt. Oder Darts-WM, vonwegen der Identifikationsfiguren.

Bin ich eben aus Trotz ganz alleine auf die Suche nach dem Turm... Ha!

Und dann bin ich da so kreuz und quer über die versiegelten Flächen der Stadt des guten alten Ludwig van.
Das Erste, was mir vor die Linse kam, weil ich falsch abbog, das war die Kirche, die Ludwig van eigenhändig erbaut hatte, weil er einen Raum suchte, wo er proben konnte. Hat ja schon Wilhelm Busch gesagt, dass Musik oft als störend empfunden wird... und die Bässe, also, die Frequenzen die gehen ja überall durch. Und dann durch Mark und Bein. Darum sind ja Wohnimmobilien in Gewerbegebieten recht günstig zu erstehen, weil die Kühlanlagen der LKW seit einigen Jahren neuen Vorschriften genügen müssen, die irre Frequenzen erzeugen, die gehen überall durch... aber das nur am Rande.

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Da war da also dieser Musikalsakralbau im Stil der Renaissance. „Ja, wie Rönneßonß? Wo ist denn da der Baiser?“ wird jetzt vielleicht manch einer denken.
Baiser ist Barock! Leichte Eselsbrücke, mit dem dicken B, wenn sie mich fragen. Rönneßonß ist mehr so... stReng. Und war vor dem Barock, weil den Menschen die Gotik auf den Senkel ging. Zuviel Bögen hier, zuviel Mumenschanz dort. Quasi der erste Bauhaus nach dem Mittelalter. Und als der Ludwig van den baute, war das ja schon wieder so eine Form von Retro.
Vintage, NOS, Fixie weil die Backsteine von der Godesburg genommen wurden.
Interessant ist der Baustil wirklich. Sieht ja auch irgendwie Neo-belgisch aus. Ist auch kein Wunder, denn Ludwig van war ja so ein Gastarbeiterkind aus Belgien.
„Ja aber, Belgien gab es damals noch nicht!“ wird man jetzt einwerfen mögen. Aber, ganz ehrlich, Belgien hat es bis heute nicht gegeben!
Da muss man auch mal fünfe gerade sein lassen, vonwegen dem besserem Verständnis für den Leser. Wir sind zwar hier nicht bei Amazonen, die ein Buch wegen zuvieler Gedankenstriche aus dem Vertrieb nehmen (das darf der geneigte Leser jetzt aber bitte selber mal im Internet recherchieren, was da geschah), aber ich bemühe mich doch stets im Rahmen meiner Möglichkeiten, mich einer leicht verständlichen Sprache zu befleissigen. (Haha)

Nach einem nur kurzen Aufenthalt (war ja so kalt draussen und drinnen bestimmt nicht wärmer), bin ich in eine nahegelegene Grünanlage gefahren. Total jeck – typisch Rheinland-

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das Grün war nicht nur in verschiedenen Nuancen zu sehen, sondern auch mit weiß – und jetzt halten Sie sich fest: mit buntem Weiß!
Weiß in allen Nuancen!!! Von gelb- über orangsch-, rot-, rotviolett-, violett-, blauviolett-, blau-, blaugrün-, grün-, gelbgrün-, wieder hin zu gelbweiß und dessen Mischungen!
Für die Herren: Hab nur Spaß gemacht, war alles weiß...

Ich hab mich dann da mal umgesehen. Die Grünanlagen, das war der kurfürstliche Park gewesen.
War der Bismarck nicht auch mal Fürst gewesen? Fürst Kanzler gar?
Ich war wohl auf dem richtigen Weg. Ha!
Wegen der Kälte fiel mir dann erst später ein, daß der Kurfürst dieser Wiese ja gar nicht der Bismarck war. Das war nämlich ein ganz ein anderer. Der zuständige Kurfürst für die Stadt vom guten alten Ludoviko van, das war nämlich auch gar kein Graf oder sogar Baron, das war der Bischof von Köln. Und weil schon früher in Köln kaum Platz für Grünanlagen war, vonwegen der Bebauungspläne, da hat der Bischof sich gedacht, er könne für seine Schäfchen eine hübsche Weide gebrauchen, wegen Psalm 23 (kennt der geneigte Leser vielleicht vom Kino... wenn der Denzel Washington (haha, den verwechsel ich immer mit Will Smith...haha) da mit der Knarre immer den Psalm aufsagt, bevor der die Leute umbringt).
Die hat der Bischof dann eben hier, wo ich jetzt stand, gefunden, die Wiese, nicht die toten Leute, Sie verstehen schon.
Irgendwann hat die Wiese dann keiner mehr gebraucht und der Ludwig van, das alte Universalgenie, hat dann dort seinen ganzen selbstgebastelten Plunder abgestellt.
Wenn das heute einer täte, dann käme gleich das Ordnungsamt. Damals wohl nicht.
Ich zeige dem geneigten Leser nun einige Beispiele des Œuvre dieses belgischen Gastarbeiterkind-Universalgenies.

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Da hat der gute alte Ludwig van mit gerissenen Klavierbowdenzügen was in den Stein geritzt... Und ich hatte gedacht gehabt, Kaiser sei nur der Franz Beckenbauer. Hat er sich wohl bedient, der Franz. Aber das muss die LarifariEthik-Kommission vom Blatter Seppl untersuchen, nicht ich.

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Der junge Knabe Ludwig van
Diese Skulptur hat er erst im hohen Alter, als er bereits mindestens Grad der Behinderung 70 gehabt hätte, aber dann doch nicht, weil keine sozialen Einschränkungen vorhanden und das Versorgungsamt... ach.. das ist jetzt zu kompliziert.
Hat er also diese Skulptur geschaffen. Irgendwas mit Autoerotik.
Immerhin -und zum Leidwesen von Daniel C.-B. und Sebastian E.- ist der Schnörpel bedeckt.

Ach und dort stand noch so viel vom guten alten Ludwig van. Herausragend sei noch eine Wettersäule erwähnt. Mit Schüff und Text „Gruß vom Rhein“ - hat der geneigte Leser vielleicht schonmal im Flur bei der Omma gesehen.

Aber da sollte der geneigte Leser doch wirklich mal selber hin, bei etwas wärmeren Bedingungen, vielleicht. Es tut da nämlich am Rhein mehr geben, als die Schlagseite aufm Schüff, wenn die Lorelei passiert wird...

Ach, ein Foto hab ich noch:

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Tennisplätze, leicht schepp

Ganz schön spätrömisch dekadent! So als Vorgarten. Ich habe dem Tennissport ja eine Absage erteilt, seitdem nicht mehr reinweiß gespielt wird.

Aber ich war ja eigentlich aus einem anderen Grund hier. Der Höhe 59 wegen.

Und ich so weiter über die versiegelten Flächen. Ich bog, erstaunlich genug, richtig ab

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und es ging bergauf! Mit mir, aber auch mit der Topographie. Das ist nämlich oft das Leidige an diesen Fürstentürmen, daß die oft an so exponierten Stellen hingestellt wurden, damit man was zu gucken hat, da oben, aufm Turm, up on the roof, quasi. Haben schon Karola König und Herr Schneider drüber geschrieben und andere davon singen lassen.
Gut nur, daß der 59. Heringsturm linksrheinisch liegt. Ist etwas flacher als auf der anderen Rheinseite, da im Siebenzwerge-Gebirge. Dabei hatte mir der Aufstieg eigentlich nicht so viele Sorgen bereitet. Aber danach wieder hinunter, auf eisglatter Fahrbahn... bäh.
Ich da also hinauf.
Mir ist es selten zuvor gelungen, erst recht mit einem 28mm-Vollgummi-Langstrecken-Pneu eines gevogelten Herstellers, das Hinterrad zum Schlupfen zu bringen!
Contenance bewahren, hieß die Devise. Hatte zum Glück auch keiner gesehen, diesen kometen proletenhaften Antritt am Berg...

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und rubbeldikatz war der auf einmal da, der Turm.

Höhe 59 ✓

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Ein bisken noch die Ruinen der armen Rheinseite genossen

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und einen abschließenden Blick auf die Baracken der internen Schüler einer höheren Lehranstalt geworfen.

Dann rief ich mir den Turm 60 in Erinnerung...

Ende Teil 2

Halt!
Was ganz doll Wichtiges vergessen:

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Einer der geschichtsträchtigsten Orte der nicht ganz so alten Vergangenheit in der Stadt des guten alten Ludwig van.
Bei billigem Rheinwein, den sich nicht einmal Werner Höfer bei seinen internationalen Frühschoppen zu kredenzen wagte, haben in diesem Lokal 1955 die Sozen ihre Abkehr von der reinen Lehre beschlossen und somit dem Peter Hartz IV den Boden bereitet. Das war der mit den Bordellbesuchen auf Firmenkosten bei Volkswagen.
Peter Hartz IV ist übrigens mittlerweile Berater des französischen Präsidenten in Sachen Arbeitsmarktreformen (von Motorrollern hat er indes weniger Ahnung).. oh là là!
Oder vielleicht besser: qu'est-ce que c'est que ça?
Folgerichtig ist dieser Hort des Neoliberalismus nunmehr eine Pizzarei, weil die Sozen ja auch wegen dem Beinamen „Toskana-Fraktion“... egal, jedenfalls hat der geneigte Leser mal wieder etwas mehr gelernt, als wie sonst, im ÖPNV durch das Mitlesen der Gazetten des Gegenübersitzenden.