„Ups! Der Radio is kapott!“
Da war die ganze schöne Zerstreuung perdu... Und nun?
„Ah, die Glotze! Kanal 9, ARD. Da läuft bestimmt ein schöner Heimatfilm.“
Hab ich mal gleich den Universum s/w Apparat von 1982 mit 36 cm (ja, Zentimeter, nicht Zoll) Bildschirmdiagonale angekurbelt. Es hat etwas gedauert, bis das Bild kam...aber da kam gar kein Bild! Nur so „Schnee“. Nicht mal ein Testbild!!!
Da bin ich aufs Rad. Um mich mal ordentlich zu beschweren, bei denen da oben! Die glauben wohl, mit uns könnten sie es machen. Aber nicht mit mir! Nicht mit mir!
Also auf zum WDR. Der WDR hat hier nämlich eine kleine Schreibstube, am Landtag. Wegen der kurzen Informationswege, nehme ich an.
Der Pförtner vom WDR hat mich aber leider nicht reingelassen. Die HerrInnen Redakteure seien alle „VaterInnentag“ feiern. Und er sei nun wahrlich nicht zuständig. Da müsste ich nun schon ganz woanders hin.
„Hm, vielleicht in die tausend anderen Schreibstuben der freiberuflich vom Wohnzimmer aus für den WDR tätigen Redakteure?“, fragte ich den PförtnerIn.
„Nee! Probieren Sie´s mal am Sender
Sender Langenberg! Natürlich! Der stärkste Sender von der ganzen weiten Welt, wenn nicht gar Deutschlands! Die würden meine Beschwerde an einem Feiertag sicherlich gerne entgegennehmen und mir wohl auch Rede und Antwort stehen.
Ich also wieder nach Hause, Kamera und noch ein paar Kleinigkeiten eingepackt und los ging es
über versiegelte Flächen der Stadt.
Das doofe an diesen Sendeanlagen ist, daß sie immer ganz schön hoch sein müssen, damit nicht nur die drei Dörfer drum herum Empfang haben. Und damit keiner auf den Sendemast klettert und ein Plakat wehen lässt mit, sagen wir mal: „Ich hab Dich lieb!“, oder so.
Der Sender Langenberg liegt auf einer Höhe von ca. 240 m über der Nordsee. Die Metropolregion nur bei knapp 40 m... Dazwischen kommt Velbert, das liegt auf 265 m.
Da war natürlich völlig klar, daß ich ordentlich gebackene Bohnen mit Tomatensoße gegessen habe und mein sportlichstes Fahrrad wählte. Ich meine, hallo? Ich bin doch nicht bekloppt!
Naja, gleich am ersten Hügel musste ich aber eine Pause einlegen, weil ich immer mit den Füßen vom Pedal gerutscht bin. Das war mir zu gefährlich! Echt wahr. Andere Radler fuhren den Hügel hinauf und unterhielten sich dabei miteinander. Die haben bestimmt über mich gelästert. War mir aber egal.
Also den Hügel hinauf, mit trockener Sohle und trockenem Pedal. Schöne Gegend. Vor lauter Gegend ( ich bin ein großer Freund von Gegend) hatte ich fast vergessen, warum ich überhaupt unterwegs war.
Ach richtig, ich wollte dem WDR meinen Unmut kundtun. Das fiel mir auf einer flachen Passage ein.
Einige Kilometer weiter ging es dann nur noch aufwärts. Und aufwärts. Aufwärts aber auch.
„Halt! Ich müsste mal was trinken!“ - hab ich mir dann selbst gesagt
und bin kurz abgestiegen.
Endlich hatte ich mich mit dem Rad den Hügel hochgestrampelt.
Ich war in Velbert! Velbert, das kennen einige von Ihnen vielleicht von den Autobahnschildern.
Da steht nämlich ganz schön oft „Velbert“ drauf. Das hat bestimmt was mit Stadtmarketing zu tun.
Auch in der Metropolregion ist das „Stadtmarketing“ sehr wichtig. So wichtig, daß man jetzt eine „Dachmarke“ erfunden hat. Kennen Sie das neue Logo von Düsseldorf? Nein?
:D <--- da!
Hat man sich von den Dänen ausgeborgt. Wenn Sie mich fragen: eher Dach-schaden...
Aber zurück zu Velbert. Ich glaube, Velbert ist genauso oft auf Autobahnschildern verzeichnet, wie es Einwohner hat. Aber die wenigsten der vielen Autobahnnutzer werden jemals dort abgefahren sein. Warum auch? Wenn man am Radio- und Fernsehprogramm nix auszusetzen hat, muss man auch gar nicht dort die Autobahn verlassen.
Obwohl, als ich ziemlich außer Atem die Hügelspitze erreichte und mich umsah...
Tjonge!
bis nach England konnte ich gucken!
Velbert selber ist... weiß nicht.
Eine Stadt für Riesen? Eine Ideensammlung für Architekten?
Ist der Turm ein Sammelbehälter?
Ich habe eine leise Ahnung, woher der Architekt seine Inspiration nahm...
Auch die Briefkästen sind hier etwas größer geraten.
Und das Panorama ist wirklich großartig.
Nur vom gucken kommt man aber nicht voran!
Und weil es jetzt erstmal nur bergab ging, hatte ich eine leise Freude in mir.
Allerdings spürte ich nun, daß ich ein klitzekleines Problem mit der Bremse hatte.
Da half alles nix. Ich musste absteigen und bin die doofe Straße zu Fuß...
Das war auch gut so, denn da konnte ich wieder meinen Unmut verstärken. War doch klar, daß der WDR daran schuld war. Sonst wäre ich doch niemals auf diese Schnapsidee verfallen, mit dem Rad den Sender Langenberg aufzusuchen. Da wäre ich sonst den ganzen Tag auf der Couch...
Halber Abgang hätte man es auch nennen können.
In Langenberg war es wieder schön flach und ich konnte ordentlich Zeit gutmachen.
Immer den Sendemast im Blick, habe ich mich nur einmal kurz verfahren, weil ich nicht auf die Hinweisschilder achtete.
Dann kam der Mann mit dem Hammer...
Den letzten Anstieg zum Sender musste ich schieben. Nix ging mehr! Zum Glück hat mich keiner gesehen, wie ich schmählich scheiterte, als ich optimistisch doppelsuperplusgut den Berg...die Beine dachten, es sei eine Wand.
Dann war ich endlich, endlich oben!
Vor mir stand der Sendemast des Senders Langenberg!
Sender Langenberg
Dankbar mir selbst gegenüber, daß ich diese Tortur überstanden hatte und das Rad auch, ging ich vor selbigem
auf die Knie.
Dann habe ich noch ein klein wenig Erde aus der Umgebung als Beweis meiner Radtour in den
kompakten Rucksack eingepackt.
Leider war es schon sehr spät geworden und die Menschen vom Sender Langenberg hingen alle in den Seilen. War ja auch Vatertag. Bestimmt sind die mit dem Bollerwagen...
Ach, das war jetzt auch egal.
Ich bin dann wieder zurück. Bergab erstmal wieder geschoben... und die Bökenbuscher Wand ebenfalls. Diesmal aufwärts.
Auf dem Rückweg kam ich noch in eine
allgemeine Verkehrskontrolle.
Ist aber alles gutgegangen...
Ich weiß jetzt, daß das Wanderer für „wellige“ Strecken nicht sooooo gut geeignet ist. Bergab ist wirklich heikel, weil nur eine Rücktrittbremse vorhanden ist.
Um eine nennenswerte Bremsleistung zu erzielen, muss man „stottern“. Das heißt aber nicht, daß der Eisenhaufen damit zum Stehen kommt!
Die Stempelbremse ist in der Tat eine eher optische Zier...
Der Turm ist natürlich nicht der Sender Langenberg sondern ein Bismarckturm, der sich gleich nebenan befindet.
Weil ich gefragt wurde: Einfache Strecke ca. 40 km, und um die 520 Höhenmeter.
dann ging es natürlich wieder zurück. Aber das kann man beim Finanzamt ja nicht geltend machen...