Guck mal, das Leben als Künstler ist kein Leichtes. Sie kennen das vielleicht, aus der Bild-Zeitung.
Jeden Tag nur (viele) Prostituierte, Koks und Alkohol. Man lungert in verrauchten Kaschemmen herum.
Nun gut, ab Mai gibt es in ganz NRW keine verrauchten Kaschemmen mehr. Dann riechen die Anziehsachen nur noch nach Essen und Urinalstein.
Da ist es gut, wenn man sonntags mal an die frische Luft kommt.
Da hab ich mir gedacht: Schau Dir mal an, wohin so ein Lebenswandel führt!
Und dann bin ich los, über versiegelte Flächen der Stadt.
Versiegelte Flächen
Hier kann man übrigens schön sehen, wofür Düsseldorf ganz schön viel Geld ausgibt. Nämlich für die Gelbphase der Fußgängerampeln. Wie das funktioniert, hat ein Unternehmen im Auftrag der Stadt in einer acht(!)seitigen Broschüre kurz und knapp zusammengefasst.
Oha, da hinten, am Horizont, entdeckte ich dann, inmitten von Beton, einen Baum mit dazugehöriger Grünanlage. Da bin ich dann hin.
Sapperlot! War gar keine Grünanlage, war ein Gottesacker gewesen!
Und was für einer! Im Schatten der Gebäude einer Versicherung, deren Mitarbeiter nämlich auch alle Künstler sein müssen, bei deren Lebenswandel!
Da hab ich mich ja nun erstmal gar nicht getraut, den zu betreten. Kommt man ja noch früh genung hin – und dann hab ich vorsichtig einen kurzen Blick gewagt:
Aber ganz vorsichtig!
Dann hab ich allen Mut zusammengekratzt und bin doch auf das Leichenfeld.
„Ich krieg die Motten!“ entfuhr es mir dann beim Betreten des Ackers und ich hatte sogleich einen Ohrwurm: “Hallo! Hier spricht Edgar Wallace“
Und dann hab ich mir vorgestellt, wie das hier früher ausgesehen haben muss, als die ganze Echtheit nur in grau war, wie man das aus den Filmen von früher kennt. Nämlich so:
So sah das früher aus, als Edgar Wallace noch lebte, aber diesen Friedhof gar nicht kannte.
Also, das war damals nämlich so gewesen:
Man brauchte dringend einen neuen Friedhof. Am besten draußen vor der Stadt, damit das nicht mehr so stinken tut, in der Stadt. Das war nämlich unbeschreiblich gewesen.
Alle Gräber überbucht und man hat die Leichen auf den Straßen und in den Höfen gestapelt.
Immerhin, nach Konfessionen getrennt: Katholiken und Heiden.
Und man hat darum auch in Düsseldorf die „High Heels“ erfunden. Die hießen da aber noch anders. Man konnte nämlich kein Englisch. Vielleicht noch ein wenig Französisch, aber das durfte man nicht sprechen, wegen der damaligen jüngeren Vergangenheit.
Weil also so viele Leichen überall herumlagen und langsam matschig wurden, haben die Frauen Schuhe mit hohen Absätzen getragen, damit die sich ihre ungewaschenen Füße nicht mit Leichenteilen besudelten.
Und dann hat man sich im Nachbardorf ein Grundstück unter den Nagel gerissen und die Leichen verbuddelt.
Erst war das hier ein einfacher Platz und dann hat man einen Gärtner beauftragt, ein paar Blümchen zu pflanzen.
Dort liegt der Gärtner.
Und dann haben die angefangen, Kathedralen der Neogotik und -romanik aufzustellen. Und man hat oft Symbole der Antike benutzt! So wie die Motten oder ausgehende Fackeln.
Also, auf dem nördlichen Teil, der für die Heiden war. Der südliche Teil, durch eine vierspurige Schnellstraße vom nördlichen Teil getrennt, war für die vom rechten Glauben. Aber dort habe ich auch Motten und so gesehen. Vielleicht ein Versehen, ist auch egal.
Und Eisengitter hat man um die Gräber aufgebaut, als wenn es kein Morgen gäbe! Es war so schön gewesen, daß man dort eben gerne tot überm Zaun hängen wollte. Nicht so, wie in, sagen wir mal, Köln-Chorweiler oder so. Obwohl dort die Chancen ungleich größer sind.
Hier hab ich mal ein Eisengitter nachgestellt. Gut, das ich zufällig das Rad mithatte...
Weil das hier alles so schön war, haben sich auch gleich eine Menge Leute, die es sich leisten konnten, Grundstücke gekauft, für sich und ihre Erben.
In Düsseldorf ist das ja bis heute nicht verkehrt, so ein Stück Blut, äh, Grund und Boden sein Eigentum zu nennen. Oft waren die auch ganz berühmt, also, damals. Heute kennt die keine Sau mehr. Aber an manchen Gräbern liegen nach wie vor Gestecke, Kränze und Öllichter. Entweder sind die von der buckligen Verwandtschaft, oder von Unternehmen, deren Gründer hier ruhen. Eine nette Geste, wie ich finde.
Für Helene Deus hat keiner einen Kranz niedergelegt.
War wohl noch zu jung...
Naja, und dann wurde die Stadt größer und man hat den Gottesacker geschlossen und hier und dort gebaut. Dann kam der Weltkrieg II und die Bomben haben den Gottesacker umgepflügt. Darum sieht er heute etwas verwahrlost aus.
Damit es nicht ganz so doll arg ausschaut, wie bei Hempels unterm Sofa, gibt es einen Verein, der mit seinen bescheidenen Mitteln die noch verbliebenen Grabsteine versucht, zu erhalten. Manchmal hat man Geld übrig und macht ein bisken was neu.
Auf die eigene Verwandtschaft...naja, die wohnt halt oft weiter weg, in Mettmann oder so und da ist das schon ein beschwerlicher Weg. Die meisten kennen ihre heutigen Erben auch gar nicht mehr persönlich. Kannste nix machen.
Aber die Stimmung ist grandios! Vor allem, im November, glaub ich!
Einfach mal morgens vorm Berufsverkehr auf den Friedhof, und warten.
Vielleicht öffnet sich dann ja so ein Deckel...
Hier liegt wohl einer von den von Ribecks, mit Birnbaum und so...
Beim überschreiten der Grünfläche musste man übrigens etwas aufpassen, weil nämlich, so nehme ich an, Tiere auch eine Heidenangst auf diesem Gottesacker haben und dann unter Stress geraten und einfach so abkoten, weil sie es nicht mehr einhalten können.
Während ich übrigens die Fotos machte und das Fahrrad hier und dort anlehnte, weil, es hat ja gar keinen Ständer, tat ein fremder Mann mit mir schimpfen, daß es ja wohl eine Art Störung der Totenruhe sei. Dabei geriet sein ihn begleitender Hund unter Stress. Hat der fremde Mann dann auch liegenlassen, den kolossalen Haufen. Vonwegen der Totenruhe, nehme ich an.
Naja, dann wurde es aber langsam duster und ich wollte noch vor dem Erscheinen der Abendmutter wieder daheim sein.
und dann hab ich
gas gegeben.
über weitere versiegelte Flächen
zurück vom "L'Enfer du Nord"
mit einem Peter- Thomas- Ohrwurm, wegen Edgar Wallace...
Halt! gar nicht wahr! War dieser Ohrwurm gewesen.
Jeden Tag nur (viele) Prostituierte, Koks und Alkohol. Man lungert in verrauchten Kaschemmen herum.
Nun gut, ab Mai gibt es in ganz NRW keine verrauchten Kaschemmen mehr. Dann riechen die Anziehsachen nur noch nach Essen und Urinalstein.
Da ist es gut, wenn man sonntags mal an die frische Luft kommt.
Da hab ich mir gedacht: Schau Dir mal an, wohin so ein Lebenswandel führt!
Und dann bin ich los, über versiegelte Flächen der Stadt.
Versiegelte Flächen
Hier kann man übrigens schön sehen, wofür Düsseldorf ganz schön viel Geld ausgibt. Nämlich für die Gelbphase der Fußgängerampeln. Wie das funktioniert, hat ein Unternehmen im Auftrag der Stadt in einer acht(!)seitigen Broschüre kurz und knapp zusammengefasst.
Oha, da hinten, am Horizont, entdeckte ich dann, inmitten von Beton, einen Baum mit dazugehöriger Grünanlage. Da bin ich dann hin.
Sapperlot! War gar keine Grünanlage, war ein Gottesacker gewesen!
Und was für einer! Im Schatten der Gebäude einer Versicherung, deren Mitarbeiter nämlich auch alle Künstler sein müssen, bei deren Lebenswandel!
Da hab ich mich ja nun erstmal gar nicht getraut, den zu betreten. Kommt man ja noch früh genung hin – und dann hab ich vorsichtig einen kurzen Blick gewagt:
Aber ganz vorsichtig!
Dann hab ich allen Mut zusammengekratzt und bin doch auf das Leichenfeld.
„Ich krieg die Motten!“ entfuhr es mir dann beim Betreten des Ackers und ich hatte sogleich einen Ohrwurm: “Hallo! Hier spricht Edgar Wallace“
Und dann hab ich mir vorgestellt, wie das hier früher ausgesehen haben muss, als die ganze Echtheit nur in grau war, wie man das aus den Filmen von früher kennt. Nämlich so:
So sah das früher aus, als Edgar Wallace noch lebte, aber diesen Friedhof gar nicht kannte.
Also, das war damals nämlich so gewesen:
Man brauchte dringend einen neuen Friedhof. Am besten draußen vor der Stadt, damit das nicht mehr so stinken tut, in der Stadt. Das war nämlich unbeschreiblich gewesen.
Alle Gräber überbucht und man hat die Leichen auf den Straßen und in den Höfen gestapelt.
Immerhin, nach Konfessionen getrennt: Katholiken und Heiden.
Und man hat darum auch in Düsseldorf die „High Heels“ erfunden. Die hießen da aber noch anders. Man konnte nämlich kein Englisch. Vielleicht noch ein wenig Französisch, aber das durfte man nicht sprechen, wegen der damaligen jüngeren Vergangenheit.
Weil also so viele Leichen überall herumlagen und langsam matschig wurden, haben die Frauen Schuhe mit hohen Absätzen getragen, damit die sich ihre ungewaschenen Füße nicht mit Leichenteilen besudelten.
Und dann hat man sich im Nachbardorf ein Grundstück unter den Nagel gerissen und die Leichen verbuddelt.
Erst war das hier ein einfacher Platz und dann hat man einen Gärtner beauftragt, ein paar Blümchen zu pflanzen.
Dort liegt der Gärtner.
Und dann haben die angefangen, Kathedralen der Neogotik und -romanik aufzustellen. Und man hat oft Symbole der Antike benutzt! So wie die Motten oder ausgehende Fackeln.
Also, auf dem nördlichen Teil, der für die Heiden war. Der südliche Teil, durch eine vierspurige Schnellstraße vom nördlichen Teil getrennt, war für die vom rechten Glauben. Aber dort habe ich auch Motten und so gesehen. Vielleicht ein Versehen, ist auch egal.
Und Eisengitter hat man um die Gräber aufgebaut, als wenn es kein Morgen gäbe! Es war so schön gewesen, daß man dort eben gerne tot überm Zaun hängen wollte. Nicht so, wie in, sagen wir mal, Köln-Chorweiler oder so. Obwohl dort die Chancen ungleich größer sind.
Hier hab ich mal ein Eisengitter nachgestellt. Gut, das ich zufällig das Rad mithatte...
Weil das hier alles so schön war, haben sich auch gleich eine Menge Leute, die es sich leisten konnten, Grundstücke gekauft, für sich und ihre Erben.
In Düsseldorf ist das ja bis heute nicht verkehrt, so ein Stück Blut, äh, Grund und Boden sein Eigentum zu nennen. Oft waren die auch ganz berühmt, also, damals. Heute kennt die keine Sau mehr. Aber an manchen Gräbern liegen nach wie vor Gestecke, Kränze und Öllichter. Entweder sind die von der buckligen Verwandtschaft, oder von Unternehmen, deren Gründer hier ruhen. Eine nette Geste, wie ich finde.
Für Helene Deus hat keiner einen Kranz niedergelegt.
War wohl noch zu jung...
Naja, und dann wurde die Stadt größer und man hat den Gottesacker geschlossen und hier und dort gebaut. Dann kam der Weltkrieg II und die Bomben haben den Gottesacker umgepflügt. Darum sieht er heute etwas verwahrlost aus.
Damit es nicht ganz so doll arg ausschaut, wie bei Hempels unterm Sofa, gibt es einen Verein, der mit seinen bescheidenen Mitteln die noch verbliebenen Grabsteine versucht, zu erhalten. Manchmal hat man Geld übrig und macht ein bisken was neu.
Auf die eigene Verwandtschaft...naja, die wohnt halt oft weiter weg, in Mettmann oder so und da ist das schon ein beschwerlicher Weg. Die meisten kennen ihre heutigen Erben auch gar nicht mehr persönlich. Kannste nix machen.
Aber die Stimmung ist grandios! Vor allem, im November, glaub ich!
Einfach mal morgens vorm Berufsverkehr auf den Friedhof, und warten.
Vielleicht öffnet sich dann ja so ein Deckel...
Hier liegt wohl einer von den von Ribecks, mit Birnbaum und so...
Beim überschreiten der Grünfläche musste man übrigens etwas aufpassen, weil nämlich, so nehme ich an, Tiere auch eine Heidenangst auf diesem Gottesacker haben und dann unter Stress geraten und einfach so abkoten, weil sie es nicht mehr einhalten können.
Während ich übrigens die Fotos machte und das Fahrrad hier und dort anlehnte, weil, es hat ja gar keinen Ständer, tat ein fremder Mann mit mir schimpfen, daß es ja wohl eine Art Störung der Totenruhe sei. Dabei geriet sein ihn begleitender Hund unter Stress. Hat der fremde Mann dann auch liegenlassen, den kolossalen Haufen. Vonwegen der Totenruhe, nehme ich an.
Naja, dann wurde es aber langsam duster und ich wollte noch vor dem Erscheinen der Abendmutter wieder daheim sein.
und dann hab ich
gas gegeben.
über weitere versiegelte Flächen
zurück vom "L'Enfer du Nord"
mit einem Peter- Thomas- Ohrwurm, wegen Edgar Wallace...
Halt! gar nicht wahr! War dieser Ohrwurm gewesen.