(c) - POP SKURRILIST - Feine Qualitätskunst seit 2007
Mittwoch, 31. Dezember 2014
Teil 1

(c) pop skurrilist
Zwischen den Jahren
[2096]

Kennen Sie das? Da planen und arbeiten Sie auf ein Projekt ein Leben lang ganz schön lange hin und am Stichtag schlägt Ihnen wer ein Schnippchen!
Ja? Kennen Sie?
Hätte mich auch gewundert, wenn Sie es nicht kennen täten, denn sonst wäre ja alles so gut gelaufen und zu einem schönen Ende gekommen. Nicht so, wie es denn letztlich alles schief lief,
am Flughafen in Berlin, der Elbmusikalienhandlung oder beim Ferienfahrplan der Bundesbahn, dem Langlaufunfall der Frau Bundeskanzlerin – weswegen der Herr Bosbach sie (die Frau Bundeskanzlerin, nicht Sie, geneigter Leser) telefonisch nicht erreichen konnte und ganz schön schwitzen musste, beim Jauch. In die selbige dann auch Greenpeace mit Währungsspekulationen nicht gegriffen hätte. Und so ist mal wieder allerorten die Kacke so richtig am Dampfen! Dank Ihnen!
- ich habe gehört, das macht man jetzt so. Die Anhänger beschimpfen. Zur Motivation.

Ich hatte auch was in der Planung (liest noch wer mit?), nämlich eine schöne Jahresabschlussfahrt. Vom schönen Niederrhein zur schönen Stadt vom schönen guten alten Ludwig van. Da standen und stehen auch noch heute zwei alleinstehende Türme, eigenhändig gebaut vom großen Erfinder des feinsauer eingelegten Herings im Glas mit Schraubdeckelverschluss.
Wochen zuvor hatte ich alles in trockene Tücher gewickelt. Datum frei gehalten, Bütterken geschmiert und was weiß ich nicht noch alles.
Achso, Fahrrad geputzt und so, natürlich auch. Sogar die noch wichtigere Bekleidungsfrage schien geklärt.
Und dann kam alles, alles anders!
Da war der geneigte Leser diesmal aber nicht dran schuld, sondern das Wetter.

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Kennen Sie den Niederrhein?
Also, am Niederrhein, da sinkt die Temperatur im Winter nur selten unter die 16° Celsius-Marke (eigentlich hat es hier das ganze Jahr über 16°C... - gut, im Sommer kann es auch mal deutlich wärmer werden. 18°C oder so, aber das sind Ausreisser). Und hier, am Niederrhein, weil der Winter so milde ist, sieht man, floristisch gesehen, alle vier Jahreszeiten an einer Pflanze gleichzeitig (nicht nur an der Rheinfähre, aber das war jetzt eher was für Insider)!
Das nennt man Mikroklima und darum lachen wir Niederrheiner immerzu – wenn keiner guckt.

Ein paar Tage vor dem 28. Dezember 2014 habe ich dann aber noch nicht mal mehr im Keller gelacht...

Eigentlich war das ja so geplant gewesen:

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Mit dem Eisenhaufen von 1934,
dem eigentlichen Turmrad, mit dem ich bereits die Elfringhauser Schweiz und das Bergische San Franzisko bezwang, wäre ich in Kniestrümpfen, Knickerbockern, den guten Rahmengenähten sowie einem Polohemd und eventuell einem Pullunder für die kühlen Abendstunden, den Rhein entlang pedaliert, hätte Tee und Gebäck, Kaffee und Kuchen in mich gestopft und alle wären zufrieden gewesen. Dann hörte ich was von Temperatursturz...
Kalt sollte es werden. Richtig kalt!
Ich rede jetzt hier nicht von 12°C oder so. Obwohl diese Temperatur bei den Älteren am Niederrhein bereits Erinnerungen an Stalingrad weckt. Da rückt das Rote Kreuz nämlich aus und verteilt Decken und heißen Tee. In den Wohnungen, wohlgemerkt.
Neeeee! Um den Gefrierpunkt, hat man sich auf den Straßen und an den Kiosken (Wasserhäuschen, für den Frankfurter Leser) zugeraunt. Um die 0°C sollte es werden.
Da war ich aber in Aufruhr, das darf ich getrost sagen. Im Geiste hatte ich bereits das Polo- durch ein Langarmhemd und den Pullunder durch einen Pullover ersetzt. Farblich natürlich aufeinander abgestimmt, aber das versteht sich ja wohl von selbst.
Als die letzte Temperaturvorhersage sich auf -2°C festlegte, zog ich sogar den Dufflecoat in Betracht.
Schockschwerenot! Der Dufflecoat!? Sapristi! Wo war denn der überhaupt?
Ewig nicht gebraucht (16°C und so), irgendwann in einen Karton gepackt, wegen der

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Bautätigkeiten im Hause,
dann letztendlich verschollen.

Das Rote Kreuz faltete bereits Decken und kochte heißen Tee im Akkord und hatte leider keine Kapazitäten für den Suchdienst mehr frei. Aber ohne den Dufflecoat, bei den annoncierten Temperaturen – das wäre zu kalt gewesen. Und einen anderen Mantel besitze ich nicht.. das hätte nicht ausgesehen! Ich meine, das muss doch auch aussehen, wenn man da so auf dem Velo..., da kann man doch nicht wie ein [SERIENDRUCKFELD: „Lieblingsfeindbild“] aussehen! Und dann die Unfallgefahr! Nicht auszudenken, ich würde mit dem Rad böse stürzen! Das schöne alte Rad könnte Schaden nehmen, kaputt gehen gar!

Wie ein aufgeregtes Huhn flatterte ich auf der Baustelle umher und suchte nach einem Ausweg aus diesem Dilemma.
Als Erstes habe ich dann mal das Rad getauscht.
Das hat mich schon Überwindung gekostet. Der Turm in Ansbach war ja bereits mit einem Leihrad neueren Baujahres bezwungen worden. Aus Gründen ™ der Logistik. Es sollte ein Ausreisser bleiben, hatte ich mir gedacht. Nun gut, ich wählte das Rumpelrad, weil, da passen auch breitere Pneus hinein. Für das Archiv: 28 mm sollten es sein, vonwegen der Sicherheit und so.
Jahaha, und die Bekleidung hab ich auch geändert.

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Mehr so Mamil und dann die Sommersachen in mehrerererererereren Lagen übereinander. Wie eine Zwiebel, so können Sie, geneigter Leser, sich das vorstellen.
Und ich verkürzte die Reiseroute.
Der Plan war zunächst, mit der Bundesbahn bis Köln zu reisen und sich dann erst auf den Sattel zu schwingen.
Ich sag Ihnen was: Wenn Sie am 28. Dezember 2014 am Bahnsteig ein Michelin-Männchen (Bibendum, falls Sie mal wie der Herr Bosbach beim Jauch ins Schwitzen kommen) mit Rad erblickten, dann war ich das.

Joa, und dann kam ich in Köln an. Ganz schön kalt war es da!
Irgendwie hatte ich mir -2°C wärmer vorgestellt. Es waren dann auch gar keine -2°C gewesen.
Es waren sieben! -7°C !!!
Hallo?! Sieben Grad unter Null! Im Winter! Wohl verrückt geworden!?!
Ich meine, das hatte ja nun nix mehr mit Ausreisser oder so zu tun. Gedanklich sah ich bereits die Herren Redakteure in einer Sondersitzung beisammen hocken, um einen ARD-Brennpunkt zusammen zu wichsen. Die sind ja immer dankbar, für solche Themen. Aber bis zur Ausstrahlung, da war es an mir, sich des Themas zu bemächtigen. -7°C, mein lieber Herr Gesangsverein...

Ich bin dann etas bang über die römischen Tonscherbenstraßen Kölns geeiert, ein Stück des Rheins entlang, um mir dann einzugestehen: Schnapsidee!
Hatten alle Recht gehabt, denen ich im Vorfeld von meinem Vorhaben erzählt hatte. Zweifel an meiner Zurechnungsfähigkeit, so der allgemeine Tenor.
Völlig insuffiziente Bekleidung ließ mich abermals die Planung über den Haufen werfen. Ich wollte schließlich nicht mit fünf Zehen in meinen Händen heimkehren.
Da bin ich dann zum nächsten Bahnhof. Denn die Entscheidung, die Türme zu nehmen, die war ja gefallen. Ich häte wirklich gerne die gesammte Strecke mit dem Velo... alleine, was einem da optisch entgangen ist: Chemiewerke Dormagen, Köln-Chorweiler, Tankstelle in Wesseling... lauter Leckerbissen, die Lust auf Mehr machten... Auf mehr Bahn fahren, nämlich.
Da war ich also gar nicht sooo traurig, als ich in der warmen Bahn stand und dann die Stadt des guten alten Ludwig van erreichte.
Immerhin, es war hier wesentlich wärmer. -6°C, nämlich.
Das war auszuhalten und außerdem hatte ich ja nun auch viel mehr Zeit für eine größere Erkundung der Ludwig van-Stadt. Da war ich wieder mit mir im Rhein.
Aber zuallererst war ich im Kalten. Meine Fresse, war das kalt!

Da hab ich mich dann mal warm gefahren.



Freitag, 14. November 2014
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<br />

Ich war ja verreist gewesen...
Die Urlaubspost, die ich aus dem Urlaub immer an eine mir gänzlich unbekannte Dame sende, die unterliegt ja der völligen Transparenz! Transparenz, werter Leser!
Sehen Sie bei der geneigten URLAUBSVERTRETUNG eine Auswahl der schönsten Postkartenmotive von der ganzen Welt!



Dienstag, 7. Oktober 2014
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[2086]

Hier, unendliche Rundfahrt
und so, ne. Haben Sie vielleicht schon mal von gelesen. Da fährt man mit dem Fahrrad zu einem Bismarckturm und macht ein Foto. Jubel allüberall und man bekommt 100.000 Euro einen Punkt.
Lustig, nicht wahr?
Vor dieser Einrichtung der unendlichen Rundfahrt hatte ich gar keine Ahnung, was ein Bismarckturm ist. Mittlerweile bin ich schlauer.
Die Dinger sehen sich doch meist recht ähnlich. Ein Architekt hat da mal so einen Wettbewerb gewonnen und einen Punkt mindestens 100.000 Euro (umgerechnet) gewonnen.
Das war Früher nämlich so. Eine gute alte Zeit für Architekten, die damals ganze Städte neu bauen durften. Edinburg, Brüssel, Mannheim. Alles auf dem Reißbrett entworfen und das Sprungbrett für weitere lukrative Aufträge aus der öffentlichen Hand.
Die Architekten, die das später durften, bei Köln-Chorweiler, Köln-Meschenich, Ratingen-West, die wollen eigentlich lieber nicht mehr mit ihrem Murks in Verbindung gebracht werden.
Egal.
Ich selbst war ja aus dem niederfränkischen Ballungsgebiet hinaus vereist, in eine ganz andere Gegend. Mit Grün in diversen Nuancen, total jeck.
Zu den Vettern und Basen der ostfränkischen Region im westlich gelegenen Mittelfranken, weil, da gab es einen Punkt zu gewinnen!

Ein Rad hatte ich nicht im Gepäck – aber die kann man sich ja auch leihen, was ich dann auch gemacht habe.
Bei dem geliehenen Rad ging ich davon aus, daß es ein kommodes Hollandrad sei. Darum hatte ich auf jegliche MaMiL*-Ausstattung verzichtet. Gut, Handschuhe hatte ich doch mitgenommen. Und die Batterielämpchen.
Ich bekam dann aber ein Peugeot-Milano-Trekkingrad aus den 90er Jahren vorgesetzt. In verkehrssicherem Zustand. Mit drei Kettenblättern. Das sollte noch hilfreich sein.
Kurzerhand die Buxe in die Socken gesteckt und schnell noch ein passendes Liedlein aus der geistigen Remise geholt.

Wohlauf, die Luft geht frisch und rein und so - kennt man ja hier im niederfränkischen Mittelzentrum nicht mehr in dieser Art. Weder das Lied noch die frische Luft.

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Und mit Viktor von Scheffel auf den gespitzten Lippen, hab ich das westlich gelegene, ostfränkische Mittelfranken erkundet.
Die Radwege sind sehr häufig Schotterpisten, abseits der Hauptstraßen. Selten sind Radwege neben den Hauptstraßen vorhanden. Und diese Hauptstraßen sind nicht sehr großzügig ausgebaut. Da heißt es, schön Souplesse bewahren und nicht zucken, auf dem weißen Streifen. Wenn mal ein Auto kommt. Wenn...

Das war wirklich so ein Ding, mit den Franken. Wo waren die nur?
Vermutlich im

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Hopfengarten.

Für ein gutes Bier, da lässt der Franke nämlich alles stehen und liegen. So wie hier:

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Dieser Rohbau in Schwaighausen von 1535, ist seit 1581 urkundlich als Ruine erwähnt.

So, und nun geht es Schlag auf Schlag. Ich lasse Sie mal mit der Landschaft alleine.

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Zack!

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Bämms!

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Kazonk!

Der Knaller, oder?

Ansbach hingegen...

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Ansbach in seiner ganzen Pracht!

Es ist immer gut, wenn man weiß, wo in Ansbach gerade eine Baustelle ist.
(Eigentlich eine Unverschämtheit der ersten Kategorie! Da flüchte ich von daheim, weil im Haus ein Seelenverwandter des geschätzten Herrn nnier zugange ist, und dann sowas.)
Ansbach kannte ich bereits von Früher her. Aus dem Fernsehen. Denn damals, als die Bilder Laufen lernten, da stolperten die auch mal und dann gab es hübsche Standbilder im Empfangsgerät.
Der Bayrische Rundfunk hatte da immer was in petto.
Und auf diesen Standbildern des BR stand dann z.B. "Winterlandschaft bei Ansbach"
Und ein Modelleisenbahnbauer, Fleischwurst, hieß der, glaub ich, der hatte eine kleine Lok im Angebot, da stand was von "kgl. bayr. Eisenbahn Ansbach" drupp.
So werden dann Erwartungshaltungen im Kindesalter geschürt, die später dann auf brutalstmögliche Art und Weise...

Ich hab mich dort nicht lange aufgehalten. Die Uhr im Blick beeilte ich mich sogar ein wenig. Einmal quer durch den Ort, Hügel runter, Hügel wieder rauf.

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´n bisken Treppen steigen,

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rund um den Bismarckturm von Ansbach noch flugs 200 Plastikbecher verstreuen,

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um dann eine Portion schlechtes Gewissen zu empfinden!

Lassen Sie das mal 9 Minuten auf sich wirken!
Als kleinere Wurst fühlt man sich nur noch im Brüsseler Justizpalast, das kann ich Ihnen sagen!

Die 9 Minuten haben mir dann allerdings für die Rückfahrt gefehlt.

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Abend ward, bald kommt die Nacht...

Ein Blick gen Sonne zeigte mir an, daß es nun aber höchste Zeit wurde, den Heimweg anzutreten.
Auf dem Bismarckturm steht übrigens so ein Hausfrauenspruch. Nicht gestickt im Handtuch, dafür in Stein gekloppt: "Wir Deutschen fürchten Gott, sonst nichts auf der Welt!"
Jawollski! Aber ich fürchte ausserdem die Nacht im Wald, auf unbekannten Wegen!

Und vor lauter Aufregung hab ich dann völlig vergessen, mir für die Rückreise einen Schoko-Nuss-Riegel zu besorgen. Fiel mir unterwegs dann ein.
Ha! Kein Thema, kann man ja unterwegs kaufen. Kennt man ja, Tankstelle oder am Faller-Modellbausatz 120135, der schließlich im niederfränkischen an jeder Straßenecke vorhanden ist.

Aber nicht in Mittelfranken!
Gut, bei Städten mit knapp 7000 Einwohnern und 39 Ortsteilen, die sich über das gesamte Bundesgebiet erstrecken oft mehrere Kilometer voneinander entfernt liegen, da lohnt sich das wirtschaftlich auch nicht besonders.
Und als mir dann einfiel, ich könnte ja einfach einen Apfel von den zahlreichen Bäumen mopsen - ja, da war es schon stockfinstere Nacht...

Ich entschied mich dann für den Weg über Landstraßen. Und irgendwann kam auch das dritte Kettenblatt zum Zuge. Jede noch so kleine Erhebung wollte in hoher Drehzahl mit wenig Drehmoment genommen werden. Mir war schlicht die Kraft ausgegangen.
Die kam aber urplötzlich auf wundersame Weise wieder zurück. In einem Waldstück.
Es raschelte nämlich.
Potzblitz! Das war bestimmt der Bruno-Bär! Oder Wölfe! Oder, schlimmer, Wildschweine!

Da hab ich nochmal alles aus mir rausgeholt und wie ein laues Lüftchen zog ich von Dannen...
In meiner Bude angekommen, brauchte ich dann aber auch erstmal ein

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Wo ich das her hatte? Jahaha, da können Sie mal ruhig selbst nach suchen, in der ostfränkischen Region, im westlich gelegenen Mittelfranken.

*MaMiL = Mittelalte Männer in Lycra



Dienstag, 12. August 2014
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[2055]

Teil 3 und Schluss:

Lebkuchen- und feinsaurer Herings-Turm

„Das ist ja wohl die Höhe!“ entfuhr es mir spontan, als ich erfuhr, das carodame, die ja bekanntlich kurz vor Moskau wohnt, mir den Bismarckturm wegschnappte, der quasi vor meiner Fußmatte lag!
Mit dem Klapprad! Klapprad! Das muss man sich mal vorstellen! Herzlichen Glückwunsch dennoch, denn carodame hat ja bereits den Fichtelberg bezwungen.
Aber trotzdem, da war der Turm für meine Wertung perdu.

Gut, das war nun auch meine eigene Schuld gewesen. Ich hätte den Punkt ja längst einfahren gehabt können. Wäre auch total leicht gewesen, 2% Steigung den Rhein hinauf. Ein Witz!
Wenn da nicht die Gegend zwischen mir und dem Turm gewesen wäre.
Ich bin ein großer Freund von Gegend! Ehrlich!
Aber die Gegend zwischen mir und dem Turm von Köln... die ist... naja...speziell.
Da muss man nämlich die Chemiewerke passieren – das ist kein Spaß!
Sei es drum, bleiben ja noch einige Türme der unendlichen Rundfahrt in der Nähe übrig...

So zum Beispiel in Wuppertal.
Wuppertal, das gibt es eigentlich gar nicht. Das ist ja eine künstlich geschaffene Stadt aus mehreren Einzelstädten. „Ruhrgebiet“ in kleiner, quasi. Aber „Wuppergebiet“, das klingt ja nun auch nicht so schön.

Früher, lange vor dem Ruhrgebiet, da waren die ehemaligen Städte Barmen und Elberfeld die wichtigsten Städte auf der großen weiten Welt! Wenn nicht sogar von Deutschland!

DAS Zentrum für Textilindustrie und deren Begleitindustrien, nämlich allen.
Stinkereich waren die dort!

Nach dem ersten Weltkrieg gings aber schon bergab und dann hat man bereits in den 20er Jahren des 20sten Jahrhunderts (das waren die Jahre mit der 19.. so ganz grob gesagt)
aus allen Ländern der Region, dem rheinischen, bergischen und dem westfälischen, dem westfälischen! Land eine Stadt gewürfelt. Der Synergieeffekte wegen.
Hat aber letztlich nix genutzt. Nach etwas mehr als 40 Jahren war dann Ebbe in der Kasse.
Und obwohl der ehemalige Landesvater von Nordrhein-Westfalen (da, schon wieder!) und Bundespräsident „Bruder“ Johannes Rau aus Wuppertal kam und auch sogar dort wohnte, konnte er nix mehr für Wuppertal tun.

Das ganze schöne Geld für Strukturhilfen, das ging ins Ruhrgebiet.

Heutzutage wäre sowas völlig undenkbar!

Damals hat man das wohl aus Gründen der Integrität so gemacht. Und wegen dem Gerede der Leute, glaub ich. Zum Beispiel dem Gerede der Leute aus dem Ruhrgebiet.

So, jetzt weiß der geneigte Leser Bescheid, über Wuppertalern & Co.
Ach, halt! Ich hab ganz vergessen zu sagen, das Wuppertal ja das San Franzisko von Deutschland ist.
Da geht es nämlich, wenn schon nicht wirtschaftlich, so doch zumindest topographisch

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bergauf!


Wuppertal bietet dem ambitionierten Querfeldeinfahrer ausreichend Möglichkeiten, das Schultern des Rades zu üben. Da gibt es Treppen... ich sage Ihnen.

Ich hätte natürlich auch die Treppe nehmen können, aber das war mir zu heikel.

Ich habe allerdings mehr als einmal gedacht: „Bitte, bitte, lass jetzt keinen Lunker in der Kurbel sein!“

Naja, und dann bin ich da halt hoch gefahren. Nicht den Weg, den man da auf dem Foto sieht.
Ich bin ja schließlich kein Übermensch.
Aber ich wollte den Turm un-be-dingt erreichen, nachdem ich ja bereits vor Remscheid wegen der
Umstände™ resignieren musste.

Der Heringsturm in Wuppertal steht, na welch eine Überraschung, auf einer leichten Erhöhung.
Die war, mit dem mir von der Firma Wanderer-Werke, Chemnitz zur Verfügung gestellten Material der 1934er Saison, ganz hervorragend zu erklimmen.
Das lag unter anderem auch an der verbesserten Qualität im Vergleich zu den Vorjahren.
Konsequenter Verzicht auf Leichtbauweise sorgte für eine ausreichende Stabilität der ruhigen Laufeigenschaften. In Kombination mit einer ausgeklügelten Übersetzung von 48:19 ("Mehr als 19 Zähne braucht kein Mensch!" - aus dem Strategiepapier einer gesetzlichen Krankenkasse) war das Rad kaum zu bremsen – vor allem bergab.

Und wie ich mich da so hoch wuchtete, da musste ich vor Schreck doch einen Moment innehalten.
Da stand etwas auf dem Turmgelände, daß ich schonmal woanders gesehen hatte.

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Ich dachte in der Tat, ich hätte einen Apelstein ausgelassen, damals, beim Concours des Corbeaux.

Ich atmete auf, als ich dann merkte, daß es ein ganz anderer Stein war,

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der einer ganz anderen Nutzung zugedacht war.

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So lag dann auch ganz in der Nähe ein eher unschönes Paket.
Ich denke mal, das wird der Mama bestimmt zufällig aus dem Bugabuh gefallen sein.

Ich bin dann auch weiter, ich kann mich ja nicht um alles kümmern! Vonwegen Übermensch und so.
Und außerdem zahle ich ja auch Steuern, da kann sich doch die Stadt mal schön darum kümmern! Aber echt jetzt!
Ich hatte immerhin eine ganz andere Mission auf diesem Hügel.

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Den Bismarckturm von Wuppertal!

„Ui! Der ist aber hübsch!“ - hab ich mir so gedacht.
Der sah auch gar nicht so martialisch aus, wie die anderen Heringstürme.
Froweingemut wollte ich mich bereits auf den Heimweg begeben, als mich ein Passant auf mein Rad ansprach und fragte, ob das ein Retro-Nostalgie-Rad sei. Als ich ihm das Baujahr mitteilte, war er ganz fröhlich, denn das war nämlich auch das seinige gewesen.
„Und sogar noch eine echte Bremse, schön, schön...“, sagte er zu der formidablen Stempelbremse.
Der Mann klärte mich dann kurzerhand darüber auf, daß ich mir ja noch unbedingt den Bismarckturm anschauen sollte, das wäre doch ein prima Lichtbildmotiv.
Ich war konsterniert.
Desweiteren sagte mir der Mann nämlich, obwohl seine weibliche Begleitung zur Eile mahnte, daß das hier der Elisenturm sei. Der Bismarck, der wohne ein Stück weiter oben.

Ich bedankte mich für die Aufklärung und verließ den Lebkuchenturm.
Also noch ein Stück den Hügel hoch.

Die Motivation stieg urplötzlich, weil, da war nämlich nicht nur der richtige Turm, sondern auch

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Eine richtige mobile Eisschmiede.

Mit Zigarette im Mundwinkel wurde mir noch schnell vor Ladenschluss eine Kugel Eis in die Waffel gepfropft. Die hat den feinsauren Beinmuskel besänftigt.

Dann hab ich noch schnell

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das Wertungslichtbild geknipst

und bin dann doch in den Sonnenuntergang geradelt. Ich hatte nämlich noch einen Termin-
auf der Couch.

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Ende des bergischen Projektes



Sonntag, 10. August 2014
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[2054]

Teil 2:

Auf ein Bier, mit Fritze Engels

Naja, nachdem ich vor Remscheid scheiterte, da suchte ich Trost (und eine eventuelle, alternative Verbindung nach Remscheid) beim alten Fritz. Der ist ja auch so eine Lichtgestalt des Ostens und hat immer einen guten Rat für jedwede Lebenssituation parat. Der Fritze Engels, bevor der in Rente ging, der war ja so in etwa wie Goethe, der bekanntermaßen auf jedem Gebiet dilettierte. So auch der alte Fritz.

Aber der Weg dorthin war nicht so einfach, wie ich dachte. Die Wege bestanden aus Betonplatten, die teilweise mit einem leichten Höhenunterschied von bis zu 5 cm verlegt waren.
Das war aber auch kein Wunder, denn als der Osten, unverschuldet und durch westliche Agenten forciert, in eine leichte finanzielle Schieflage geriet, da wurde beschlossen, den Vorgang Straßenbelag in Gang zu setzen.
Man musste auf Druck des Westens den schönen Straßenbelag entfernen, damit die autofreien (wegen Kraftstoffmangel!...sonst wäre ich ja wohl auch kaum mit den Rad...) Innenstädte dort mit eben diesem entfernten Pflaster verschönert werden konnten. Denn haltbare Betonplatten, die machen sich auf einem City-Fest nicht so gut, wie hübsch verlegtes Pflaster. Naja, und dann hat man im Osten eben den sehr haltbaren Beton genommen.
Die ollen, überbordenden und völlig sinnfreien Zuckerbäckerbaiserhäuser aus den Zeiten der Reaktion hat man dann auch gleich mitverkauft.

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Und stattdessen schöne, moderne Betonplattenhäuser gebaut.
Mit großzügigen freien Plätzen, die Raum für Panzer Luft für die Menschen lassen, damit die sich, ganz spontan, auch mal draußen an der frischen Luft treffen können. Am 1. Mai, zum Beispiel.
Solche Architektur, die schmeckt sogar dem Verstand, wie die Tageslosung auf dem politischen Plakat verkündet.

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Ich hatte mich nur für einen Moment von der Architektur beeindrucken lassen und schwupps, schon hatte ein Künstler mit ein paar flott gezogenen Linien mein Rad in die Architektur integriert!
Das war echte Planverteidigung der 7% Kunst am Bau! Bravo!

Die Magistrale entlang führte mein Weg weiter zu

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Friedrich Engels.

Ach nein, es war nur der „Sonderwertungspunkt Bismarck“ für die unendliche Rundfahrt.

Ich hatte mich da wohl leicht in der Streckenführung geirrt, weil die prosperierende Stadt nämlich allen alten Ballast abwirft und neu baut.
Das ist konsequent, aber auch ein wenig unbequem für denjenigen, der sich in der Stadt bewegen möchte.
Aber da haben sich die Genossen Stadtoberen was Dolles ausgedacht!

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Während auf dem Boden rege Bautätigkeit aller verbliebenen Werktätigen herrscht, hat man die Straßenbahn kurzerhand hängend, auf Stelzen, über den Grund verlegt. Wenn das der H.G. Wells wüsste, der hatte ja zeitlebens von Hochstraßen in mehreren Ebenen geschrieben und alles und so...

Dann endlich befand ich mich auf der Fritze-Engels-Allee. Davon geht dann nämlich die Engelsstraße ab, die zum Engelshaus führt. Und direktemang vor dem Engelshaus befindet sich der – rischtisch – Engelspark.

Die ganze Engelei ist übrigens gänzlich unesoterisch!

Friedrich Engels selbst ist übrigens häufig im Park anzutreffen.

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Das besondere an ihm, was ihn von allen Engels auf der ganzen weiten Welt unterscheidet:
Er hält immer eine Pulle Bier für seine Gäste parat!
Aber man bekommt sie nicht einfach so in die Hand gedrückt, nein, nein, man muss darum mit ihm spielen. Und zwar Schnick-Schnack-Schnuck!

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Da hab ich auch gleich einen Tipp parat:
Der Fritze Engels, der verlässt sich vornehmlich auf den guten alten Stein.
Ich hab das auch erst nach dem zweiten von drei Versuchen geschnallt (ich verlasse mich auch gerne auf den guten alten Stein). Beim dritten Versuch hatte ich dann das Papier gezeigt -

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und GEWONNEN!

Dann hielt der Engels noch eine Lobrede auf die phantastische Leistung der Chinesen, die sein Dasein in dieser Stadt erst möglich gemacht hätten. Da hatte ich aber schon nicht mehr so richtig zugehört. Vielleicht war das mit dem Bier doch kein so guter Einfall von Friedrich Engels, im Engelspark vor dem Engelshaus, an der Engelsstraße, die von der Friedrich-Engels-Allee abgeht.

Ich bin dann auch gegangen.

Auf dem Rückweg kam ich noch an einem Krankenhaus vorbei.

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Den Menschen im Osten muss es wirklich gutgehen, wenn sie gar nicht mehr krank werden und keine Krankenhäuser mehr brauchen, hatte ich mir dann so zusammengereimt...

Achso, von der Wandzeitung erfuhr ich noch:
Die finanzielle Schieflage soll 2017 beendet sein.
2017! Im Oktober! Wenn das kein Zeichen ist!

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Hm...


Wordt Vervolgd...



Mittwoch, 6. August 2014
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[2053]
Gleich bei der ersten Etappe habe ich, nein, haben die Umstände™ dazu geführt, daß ich das bergische Projekt begrub. Waren eh zuviele Rechtschreibfehler drinne gewesen. Vom Grammatik mal ganz zu schweigen...

Aber von vorne, weil, das war nämlich so gewesen:
Ich hatte mir viel vorgenommen an diesem lauschigen Tag. Eine kleine Radfahrt sollte es werden, mit Kaffee und evtl. Kuchen.

Wenn man hier aus dem Fenster guckt, dann sieht man ja manchmal England, bei gutem Wetter.
Auf der anderen Seite ist, nein, war, ein Wald, der auf einem Hügel steht, der die Sicht nach Osten versperrt und Neugier weckt auf das, was vielleicht dahinter sein könnte. Moskau, z.B.

Der Wald ist ja seit Pfingstmontagabend perdu. Vielleicht hat es der geneigte Leser in den Medien verfolgt. Alle Bäume, die beim dollen Sturm nicht gleich umgeknickt sind, wurden dann nach und nach vom Fichtenmopped kurz und klein gemacht. So sieht das nun hier aus wie in einem Zoo, wo so kahle Äste als Kletterhilfe für, zum Beispiel, die Uhus herhalten müssen.

Das ist nicht schön!

Und weil es ja im Osten blühende Landschaften geben soll, wollte ich das mal verifizieren.
Nebenbei bemerkt, „verifizieren“, das ist so ein Wort, daß auch erst seit den 1980er Jahren benutzt wird. Das kommt nämlich von diesem C=64-Computer, dessen Programmiersprache „Basic“ einen Befehl namens „verify“ enthielt. Daher kommt das nämlich, so.

Und was soll ich sagen? Hinter der Hügelkette findet man sie dann, die Landschaften.
Aber blühen, das haben sie nicht getan. Es war mehr so wie aus dem Bilderbuch.
Aus dem Bilderbuch des sozialistischen Realismus.

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„Der große Morgen des vaterländischen Erntehelfers der Brigade Aktionseinheit hat den Plan zu 190 Prozent erfüllt und bereitet sich auf neue Taten vor“

So könnte der Titel lauten.
Ich war tatsächlich im Osten angekommen – Hurra!
Dazu musste ich wirklich nur mal über den Horizont hinaus. Hat gar nicht weh getan! Naja, vielleicht ein bisschen, in den Beinen. Da waren nämlich auch so konterrevolutionäre Insekten – aber davon später mehr.

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Die Brigade meldet Planverteidigung zu 250 Prozent“

Auffallend war, daß gar keine Blagen (Kinder, Anm. d. Autors) auf den Feldern waren, um Drachen steigen zu lassen. Auf den Stoppelfeldern. Vielleicht war dies bereits ein Indikator des demographischen Wandels, der ja auch und gerade in den ländlichen Regionen stattfinden soll?
Überhaupt sind mir sehr wenige Menschen begegnet. Die waren bestimmt alle bei der Planerfüllung, in Düsseldorf, wo es noch was zu arbeiten gibt, für den, der Arbeit sucht.

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Antifaschistische Straßenmarkierung. Links UND rot. Salvar la revolucion!

Dann erreichte ich Solingen.
Solingen hat, typisch Osten, einen Beinamen. Das kennt der geneigte Leser vielleicht.
Da gibt es Lutherstadt Eisleben, Lutherstadt Wittenberg, Winnetou I-III-Stadt Radebeul (bald Dresden) und Karl-May-Stadt Chemnitz.
Solingen heißt „Klingenstadt“. Steht auch so auf den Ortsschildern.

Und das kam so:
Früher, da war das in Solingen so, wie heute in Asien. Kein Haus ohne einen angeschlossenen Gewerbebetrieb.
Da hatte nämlich einer eine Idee.
Der hat Messer gemacht. Erst nur für sich, dann auch für andere. Aus Schiefer, denn Schieferstein gibt es dort reichlich. Der wurde damit reich.
Der hat die Messer sogar bis nach England verkauft. Zunächst natürlich nur in der näheren Umgebung. Dann in Düsseldorf und dann hat der dort vielleicht bei gutem Wetter England gesehen und sich gedacht, daß die dort auch Messer gebrauchen könnten.
Natürlich ging das nicht so leicht, weil soviel Arbeit kann ein Einzelner ja gar nicht leisten und darum hat der Mann (Frauen gab es damals noch nicht) erst mal seinen Nachbarn gezeigt, wie man Messer macht. Das war aber auch schon der Anfang vom Know-How-Verlust. Irgendwann dachte der erste Nachbar, daß man viel mehr Geld verdienen könnte, wenn man selber Messer macht und nach und nach hat dann der ganze Ort Messer gemacht. Und nix anderes. Vorher hatten die dort auch nicht viel mehr zu bieten als Menschenmaterial für die Kriegsmaschine von anderen. Und so war man froh, daß die Solinger allesamt in kriegswichtigen Betrieben arbeiteten und selber für Kriege unabkömmlich geschrieben wurden. So kamen dann auch endlich mal die Frauen nach Solingen. Mussten ja getröstet werden. Die Kriegswitwen.

Wenn dann mal gerade, zufällig, kein Krieg war, damals, da wussten die Solinger nicht so recht, was sie mit sich anfangen sollten, und dann haben die aus Langeweile ihre Frauen verkloppt. Das war ganz normal.
Die Frauen wollten dann auch Messer haben, vonwegen Wohnungsverweisung und Rückkehrverbot
zum Schutz vor häuslicher Gewalt (§ 34a). Gesagt haben sie aber, daß die Messer der Männer auch total toll für die Küchenarbeit wären. Und dann haben die Männer Messer für die Frauen gemacht. Weltweit! Auch für England! Das fanden die englischen Frauen aber nicht so gut, weil die Solinger Messer aus Schiefer viel besser waren als die englischen Messer aus Schafskack -..darm. Und wegen der Kloppe, weil die englischen Männer ja jetzt nix mehr zu tun hatten, weil keiner mehr ihre labberigen Messer haben wollte.
Um die englische Messerproduktion zu schützen, hat dann die Frau vom damaligen Premierminister einfach entschieden, daß die Messer aus Solingen einen Stempel brauchen. Hat der Premierminister gar nix von gewusst.
Häme und Spott sollte darin zum Ausdruck kommen.
Bei den Wuppertalern hat das gewirkt! Die nehmen bis heute nicht das Wort „Solingen“ in den Mund. Noch nicht einmal beim Fußball!
So entstand dann also das „Made in Solingen“, später auch „Made in Germany“.
Fragen Sie heute mal einen Engländer, was der für deutsche Orte kennt.
Neben Rheindahlen, Paderborn, Sennelager, Hanover (sic!) kennt der auch Solingen. Jede Wette!
Nebenbei bemerkt:„Isch mach Disch Messer!“ ist ein Überbleibsel des Beginns der Dienstleistungsgesellschaft, weil man damals im Osten noch nicht so gut deutsch gesprochen hat.

Heutzutage werden die Messer in China gemacht. Nicht mehr aus Schiefer sondern aus Stahl. Der ist besser als die Messer aus Schafskac... Solinger Schieferstein. Da war nämlich einer, der hatte eine Idee, und bei gutem Wetter... so ist das eben. Und weil die Welt rund ist, landen die Ideen vielleicht auch wieder in Solingen, damit man dort nicht nur in der Vergangenheit und vom Werksverkauf eines Bonner Süßwarenherstellers leben muss, um sich das schlechte Wetter zu versüßen.

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Darüber habe ich so nachgedacht, während ich auf der ehemals (noch so ein Relikt) steilsten Eisenbahn-Hauptstrecke Europas (bis 1981) hoch und runter radelte. Die war ja so steil, da hatte ich gar keine Zeit zum knipsen.

Dann hab ich aber auf einmal sowas von gestutzt! Voll in die Eisen bin ich gegangen!
„Erich Kästner!“, schoss es mir durch den Kopf.

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„Hier wohnt also Dr. Uthofft!“

Dem geneigten Leser muss natürlich nicht erklärt werden, wer Erich Kästner die Figur Uthofft aus dem „Fliegenden Holl Klassenzimmer ist
Aber, nein, es war der Sparkassenzug, der, ähnlich wie sein Pendant, der Sparkassenbus, die abgelegenen Landesteile mit Geld versorgt.
Schade. Wäre vielleicht mal eine Idee. „Erich-Kästner-Stadt-Solingen“.
Leider konnte ich das keiner Seele mitteilen. Da waren keine Menschen, weit und breit. „Geisterstadt Solingen“, quasi.

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Am Senioren-Treffpunkt war auch nix los. Sogar das Schachbrett war bereits geklaut!


Solingen war aber auch nur eine Etappe meiner kleinen Reise.
Eigentlich wollte ich

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dahin.
Nicht in den Anbau der Wintergartenmafia - nein!
Dort oben, hinten, am Horizont war das Ziel!

Der Weg führte über eine ulkige und zugleich abfahrttechnisch anspruchsvolle

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Sepentinenstrecke.

An deren Ende war

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der Wald von Arenberg
die sogenannte Napoleonbrücke.
Das ist eine degradierte Bundesstraße, die heutzutage nur noch dem frischaufigen Wandersmann zur Querung der Wupper dient. Ganz in der Nähe ist auch die Müngstener Brücke. Die ist aber nur für Freispringer interessant.

Ich wollte dann eigentlich, so hatte ich es zuvor ausbaldowert, über die Morsbachtalstraße weiter.
Die war laut Internetseite der Stadt Remscheid bis April 2014 für den Verkehr gesperrt. In Remscheid haben sie allerdings noch November und der April ist der September.
Nach 4,8 Kilometern sollte die Sperrung stattfinden. Ich hatte ungefähr 4,9 Kilometer bis zur Abzweigung von der Morsbachtalstraße. Weil ja nun solche Kilometerangaben nicht immer auf den Zentimeter genau sind, versuchte ich mein Glück. Das letzte Haus war dann der alte Klassiker der beiden Franzens, Schubert und von Schober:

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„Ich schieß den Hirsch, im wilden Forst“

Leider war der Hirsch ein Bock. Komplett gesperrt, für alles, was da so kreucht und fleucht.
Und dann hatte ich auch gar keine Karte der Region bei mir, um eine Alternative auszutüfteln, die mich meinem Ziel näher gebracht hätte. 100 Meter haben gefehlt [SERIENDRUCKFELD „krachterm“]

Das war nicht schön!

Zwei Stunden bin ich auf der Suche nach einer Alternativroute umhergeirrt. Ohne Erfolg! Konnte ja auch keinen Fragen – war ja keiner da!

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Hab im Wald gesucht und auf der Heidi Heide, auf der Heide hab ich gesucht!

Die Umleitung, das muss man sich mal vor Augen führen, führte über die B229.
Eine nicht degradierte Bundesstraße.
Ich hab lange gehadert, weil das Verkehrsaufkommen recht enorm war.
Naja, ich hatte ja ein Ziel, der Entschluss war gefasst...

Und dann bin ich da lang. Mit ungutem Gefühl.
Bis zur ersten Kurve aufwärts auf der Fahrbahn. Dann, wegen der recht nah und schnell fahrenden PKW, in der Drainage-Rinne...
Da hatte ich dann erste Zweifel am bergischen Projekt.
Als der erste LKW mit seinem Spiegel recht nah an meinem Kopf vorbeizog, da gab ich auf!
Vorbei! Aus!
Einen Moment abgewartet und dann per pedes auf der anderen Straßenseite an der befestigten Leitplanke wieder bergab zurück.
Immerhin, als schwachen Trost, konnte ich einen der scheuen Dietrich-Tempel im Lichtbild festhalten...
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Ramontisch, nicht wahr?

Und das das hier der Osten war, das hab ich mir nicht ausgedacht, das zeigt die Ampel:

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Näher hab ich mich nicht ran getraut, an die Messe...äh, Ampelmännchen.

Aber eins stimmte dann doch, das mit
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der blühenden Landschaft!


Wordt Vervolgd...



Dienstag, 3. Juni 2014
Sonderwertungspunkt Bismarck
[2011]

Mein komfortabler zweiter Platz bei der unendlichen Rundfahrt scheint in Gefahr zu sein.
Da galt es, kurz vor Schluss, noch schnell einen Sonderwertungspunkt einzufahren.
Das Heringsdenkmal in Düsseldorf.

Schnell aufs Rad,

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die Straße runter

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Lichtbild geknipst

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und schnell zurück, das Abendessen wartete.



Dienstag, 27. Mai 2014
Bein rauf, Bein runter

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[2010]

Die letzte und längste Etappe stand am fünften Reisetag an.
Von Leuven über Maastricht nach Aachen, ca. 150 km.
Mit, der geneigte Leser ahnt es, Gegenwind.

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Wir verabschiedeten uns von Goethe und Schiller, die ja ihre besten Jahre in Leuven hatten,
und fuhren in den Wald, den wir ja schon vom letzten Besuch kannten.

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Wald

Bein rauf, Bein runter

Kein Blick für das nuancierte Grün der Gegend. Die Augen konzentriert auf die anspruchsvolle Streckenführung gerichtet, mit dem Gedanken: „Mann, bitte nicht schon wieder einen Platten!“
Bein rauf, Bein runter

Ich nehm´s vorweg: Die Schluppen haben gehalten!
Bein rauf, Bein runter

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Am Knotenpunkt 76, wo wir uns einige Tage zuvor verfahren, also, den Rundkurs wählten,

habe ich zu Ehren der Teilnehmer des "Concours des Corbeaux" ein Denkmal hinterlassen.
Die Namen habe ich rückseitig vermerkt und weil ja Ostern gewesen war, fiel die Motivwahl recht eindeutig leicht.

Was der "Concours des Corbeaux" war und/oder ist, das liest der geneigte Leser an folgenden Stellen:
Concours des Corbeaux, 1
Concours des Corbeaux, oder: Die Spur der Steine. Vorabend und Prolog
Concours des Corbeaux: Tag 1 auf der via apia
Concours des Corbeaux, Tag 2 auf der via apia
Concours des Corbeaux, Tag 3 auf der via apia
Concours des Corbeaux, Epilog
und hier aber auch:
Concours des Corbeaux - Die Fundorte

Bein rauf, Bein runter

Vielleicht weiß es der geneigte Leser, in Belgien, da sind alle Radwege miteinander verbunden und jeder Kreuzungspunkt hat eine Nummer. Man tut gut daran, sich zumindest die Knotenpunkte zu notieren. Dann kommt man ohne große Unterbrechung voran. Wenn man aber mal auf die Schnapps-Idee verfällt, eventuell 500 m abkürzen zu wollen, dann können daraus auch gerne mal 5 km Mehrweg werden.
Wir haben das empirisch in mehreren Feld(sic!)versuchen getestet und bewiesen!
Nach einer dieser wissenschaftlichen Versuche gelangten wir in Hoegaarden an ein Café (in Belgien heißen die Kneipen immer Café, damit die Männer das besser vor ihren Frauen argumentieren können. Ich meine, was klingt wohl besser: „Schatz, ich geh in die Kneipe.“ oder „Mausi, ich geh ins Café.“ - na also.)
Also, wir da so am Café vorbei, fiel mir ja gleich der Grill auf, der am Straßenrand aufgebaut war. Der kreuzbube hatte nur Augen für andere Fahrräder.

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Wir haben uns dann dazu gesellt

und ein wenig smalltalk mit den Bewohnern gemacht und eins dieser Hoegaardener Biere getrunken, welches mit Koriander und Orange „gewürzt“ ist.
Andere Radfahrer hatten sehr schicke Trikots mit Brauerei-Aufdruck. Die gibt es aber gar nicht zu kaufen. So blaue, mit „Hoegaarden“-Druck. Wenn der geneigte Leser zufällig eins hat – her damit!

Im Übrigen möchte ich noch erwähnen, daß ich ein klein wenig enttäuscht war, von Belgien!
Was hatte ich dem kreuzbuben nicht alles erzählt, von den sanitären Standards!
Ist mir ja schließlich nicht nur einmal begegnet, daß das Klo nur durch einen Vorhang vom Rest der Wohnung getrennt ist.
Konnt ich ihm aber nicht zeigen. Alles tippitoppi! In Belgien! Jeck...

Aber im gemütlichen Dorfcafé mit den freundlichen Gästen, da war ich dann wieder mit Belgien versöhnt.

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Sanitär

Jau, und dann wieder rauf aufs Rad.
Nicht, ohne den Gästen ungefragt mitzuteilen, daß wir noch bis Aachen fahren wollten.
Da hatten wir ihnen als kleines Gastgeschenk noch netten Gesprächsstoff hinterlassen.

Bein rauf, na der geneigte Leser ahnt es bereits, Bein runter

Ein paar empirische Feldversuche später entschieden wir dann endgültig, nur noch nach Knotenpunkten zu fahren.
Es hat sich gelohnt! Und weil es so viel zu sehen gab, nämlich Gegend, und wir, der kreuzbube und ich, große Freunde von Gegend sind, haben wir öfter mal gehalten und einfach nur geguckt.
Einfach so, und die Gegend wirken lassen. Ohne Foto, ohne Worte.
Einfach mal auf die Streuobstwiese gesetzt und nix gedacht – nur ein Eis geschleckt und Pipi gemacht und so.

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Auch Dorffeste haben wir geguckt.

Dann wieder weiter, Bein rauf, Bein – AUA!

Auf einmal zwickte es ungemein im starken rechten Bein bei mir.
Das war ja blöd.
Das war wirklich blöd, weil, es zwickte wirklich ganz arg doll!
„Fahr weiter, die Mission ist wichtiger! Ohne mich kannst Du es schaffen!“, das lag mir auf den Lippen. Aber dann hab ich mich zusammengerissen und den Schmerz ignoriert.
Erstmal.
„Den fahr ich weg, den Schmerz!“, hatte ich für mich beschlossen.
Bestimmt nur eine leichte Überanstrengung.
Ich glaub, ich hab dann auch gar nicht mehr geredet und nur noch Contenance bewahrt.
Und nur noch ein Bein belastet. Das andere lief dann mehr so mit. Wenn ich nicht die Kurbel bewegte, zum Beispiel beim bergab rollen, dann gings ganz gut. Aber dann wieder zu treten, das war echt nicht lustig. Nach 10 Kurbelumdrehungen wurde es dann besser, mit dem äusseren Meniskusriss.
Da war bestimmt was drin gewesen, in den 250g Nudeln mit 250g Soße und 100g Käse, die wir in Tongeren verdrückt hatten. Das hat mir das Wadenbein gebrochen.
Naja, dann kamen wir irgendwann bei einsetzendem Regen in Maastricht an.
Da ist ja alles mit glasierten Ziegelsteinen gepflastert. Kann der geneigte Leser sich ja denken, daß das mitunter etwas rutschig ist. Dauernd anhalten, Fuß absetzen, wieder anfahren, mit dem fast amputierten Bein... Leck-o-mio
Ist aber nix passiert.

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Dem D´Artagnan aber schon.

Der hat sich nämlich vor Kummer, weil er auf den glasierten Ziegelsteinen ausrutschte und sich den Steiß prellte, vor den Toren von Masstricht die Pulsadern mit seinem Butterbrotschmiermessersäbel aufgeritzt. Der Dumas hat daraus einen, dramaturgisch etwas überspitzten, Roman geschrieben und noch das ein oder andere hinzugefügt. Wer will schon lesen, daß sich der Held mit dem Butterbrotschmiermessersäbel...
Jetzt denkt natürlich alle Welt, das der Dumas eine Dokumentation über den D´Artagnan geschrieben hat. Und weil der Roman viel schöner ist, als das echte Leben, hat man auch ein geschöntes Denkmal hingestellt. Allerdings mit dem Butterbrotschmiermessersäbel, als satirische Spitze, glaube ich.

Und dann Bein, so gut es eben ging, rauf und Bein, aua, aua, runter.

Die doofen Hügel nach Vaals (Vogel-Vau) rauf. Einbeinig. Und wieder die netten Hinweisschilder, die alle hundert Meter darauf hinwiesen, daß man gerade genau hundert Meter zurückgelegt hatte.

Im Dunkeln dann Aachen, Hbf. Noch 30 Minuten bis der Zug fuhr. Ich hab dann am Automaten Fahrkarten organisiert. 2 Personen, 2 Räder.
Das hat dann so lange gedauert, daß wir fast den Zug verpasst hätten.
Da kannst DU mal schön nachbessern, DB!!!

So, abschließend vielen Dank an den kreuzbuben, daß er die Idee zum Ausflug hatte und mich mitfahren ließ.
War aber auch schon gut und nützlich gewesen, daß ich Mittelhochdeutsch, was ja in Belgien die Landessprache...



Dienstag, 20. Mai 2014
Erps-Kwerps

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[2009]

So, wo war ich? Ach ja, in Brügge.
Das erkannte ich anhand der Deckenbeleuchtung unserer Schlafstatt am nächsten Morgen. Froh, daß ich nicht von Vampiren gebissen oder vom Belfried gesprungen war, weil ich ja nun fliegen konnte, wie mir die Halluzinationen versprochen hatten...

Frühstück. Mit schmierfähigem Spekulatius für aufs Brot. Und dann noch der leckere Honigkuchen.
Davon hab ich mir heimlich gleich zwei Stück unters Hemd geklemmt.
Wir mussten nämlich noch ein ganz schönes Stück Rad fahren. Und da ist so ein kleiner Snack zwischendurch hilfreich, um dem Mann mit dem Hammer zu entgehen.
Gefürchtet hatte ich den Mann eigentlich nicht. Da war auf dem Hinweg ja der permanente Gegenwind gewesen. Der würde uns nun als Rückenwind nach Hause tragen und dann war geplant, den schönen Weg längs des Kanals ohne Steigung entlang zu fahren.

Im Schmierspekulatius oder der Marmelade des kreuzbuben muss dann aber was drin gewesen sein.
Der kreuzbube hatte ja diesen Schnupfen gehabt und führte das große Belastungs-EKG mit sich herum, während ich in meinem 300 Liter Rucksack die Paddles mitführte, für alle Fälle.
Untröstlich war der kreuzbube am Vorabend, weil es vernünftiger wäre, die Ardennen auf der Rückfahrt auszulassen und die Kanalroute zu wählen.
Davon war dann nach dem Frühstück keine Rede mehr.
Schulterzuckend beantwortete ich wortlos die Annoncierung der neuen Route und steckte mir noch einen Honigkuchen ein.

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An einer öffentlichen Luftpumpe am Genter Tor haben wir dann noch schnell den in Leuven besorgten und seitdem rücklings mitgeschleppten Vollgummireifen aufgezogen.

Bis Gent ging es dann mit der Bahn weiter.
In gewohnter Manier haben wir uns dann dort erst einmal wieder verfahren.
Ein belgischer Radler fragte uns, wohin wir denn wollten und dann meinte er, er würde uns freies Geleit aus der Stadt gewähren. Dann hat er uns in einen dunklen Hinterhof geführt und uns kalt gemacht bis an den Stadtrand geleitet und erklärt, daß wir nur den Kanal entlang fahren müssten. Aber darauf achten sollten, den Kanal immer zur linken Hand sehen zu können.

Naja, und dann sind wir los. Nach wenigen Metern fiel uns dann was Ulkiges auf:
Gegenwind...

So eine verf*** Sch***, da hatte über Nacht der Wind gedreht!
Die Strecke selber war schnurgerade und eben und da haben wir aus der Not eine Tugend gemacht und ordentlich Radfahren in der Gruppe geübt. Vorderrad seitlich ans Hinterrad des Vordermanns geklebt und belgisch gekreiselt. Zwei Minuten durfte jeder mal vorne fahren, dann wurde gewechselt.
Das ging so gut, daß wir viel schneller (wir mussten ja auch nicht anhalten und gucken, wo denn nun der richtige Weg sei) als gedacht unser erstes Etappenziel erreichten.

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Oudenaarde.

Das ist so ein kleines Dorfstädtchen, wo es ein Museum mit Museumscafé gab. Das war proppevoll gewesen, das Café. Da war nämlich eine Vorberichtsübertragung eines Fußballspie...äh...eines Radrennens. Und alle Gäste haben nicht auf ihre Speisen sondern auf den Bildschirm geguckt.
Vor dem Café stand ein Gebrauchtwagen aus den 1970er Jahren in orangsch.
Während der kreuzbube in das Museum hinein ist, um im Museumsshop zu stöbern, hab ich aus Langeweile, ganz nostalgisch, dem Auto die Antenne abgeknickt und die Scheibenwischer umgedreht.
Der Authentizität wegen.

Nach einem Reistörtchen im Café sind wir dann weiter in die nähere Gegend.

Und nach wenigen Kreuzungen der Feldwege standen wir am Fuß eines kopfsteingepflasterten Hügels.

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Der berühmte Koppenberg wars gewesen. Rechts sieht der geneigte Leser meinen kompakten Rucksack (mit den Paddles)

Der Hügel ist berühmt, weil da manchmal, zur Belustigung der beiden Bewohner des dazugehörigen Bauernhofes, Kirmesrennen veranstaltet werden. Für den Rest des Jahres ärgern sich die Bewohner, weil sie mit ihren Autos immer sehr langsam hinter den dort hochkeuchenden Frezeitradlern hinterher schleichen und einen Gang herunter schalten müssen.
Ich will ehrlich sein: ich bin da nicht hoch gekommen!

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Der kreuzbube schon. Sauber!

Und andere Radfahrer auch.

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Da haben wir die strampelnden Recken ausgelacht und „Das kannst Du nicht, das schaffst Du nicht, lass das sein!“ gerufen. Hat aber nix genutzt.

Meine Herren! Ich sag mal so: Mit einem BMX-Rad wäre es mir vielleicht gelungen. Das Kopfsteinpflaster dort, das ist ja wie Treppen herauf fahren. Was für eine Plackerei.
Völlig aus der Puste, die Paddles schon an der Brust, hab ich dann später auch die Kuppe erreicht.
Die Abfahrt war dann leichter. Das ging ohne Treten...

und dann ging es wieder rauf...
...und wieder runter...
...und wieder rauf...
etc.

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ab und zu haben wir mal auf die Karte geguckt.

Wäre aber nicht nötig gewesen. Man musste ja nur gegen den Wind fahren.
Und dann ging es wieder rauf...
...und wieder runter...
...und wieder rauf...
etc.

Das folgende Etappenziel war dann die Wand.
Mittelhochdeutsch, welches die Landessprache dort ist, sagt man: „Muur“ (gesprochen: „Mühr“)
Da war ich dann, nach dem Desaster vom Koppenberg, aber sowas von motiviert!
Der kreuzbube war ja schon auf und davon, während ich noch mental an mir gearbeitet habe.
Und schwupps,

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war ich auf dem Hügel mit der Kapelle.

Dort fiel mir dann ein, daß ich ja noch die Honigkuchen unter meinem Hemd hatte. Schön weichgeschwitzt. Da hab ich dann tüchtig zugelangt.
Eine Reisegruppe, die mit dem Bus angereist war, beobachtete mich dabei und der Führer, also, der Reiseführer sagte: „Da stärkt sich einer, der gerade die Muur bezwungen hat!“
Das war schöner, als ein Stempel in der Wertungskarte oder ein Wappen, welches man an den Spazierstock nagelt.
Die Kapelle ist übrigens wirklich sehenswert. Wenn der geneigte Leser wissen möchte, was es dort zu sehen gibt, tja, da kann er mal gefälligst selbst dort hoch...

Ein Blick auf die Uhr rief uns dann zur Eile.
Mit beiden Händen an den Bremshebeln ging es nun hinab zu einem Café, wo man auch was zu essen bekam. Der Sinn stand allerdings nicht bei Fritten mit irgendwas. Wir wählten Nudeln.
Ohne Fritten! Das haben wir aber zur Sicherheit extra betont.
Vielleicht hatte die Marketenderin Mitleid mit uns, vielleicht hatte sie auch vom Frittenschmied aus Brügge einen Hinweis erhalten, ich weiß es nicht. Jedenfalls standen nun vor dem kreuzbuben und mir jeweils 500 g Nudeln, verborgen unter 500 ml Fleischsoße, in einer Salatschüssel.
Das war für mich der zweite Koppenberg an diesem Tage – ich hab nicht aufgegessen!
Und das war auch gut so! Denn als wir uns anschauten, wie der weitere Verlauf der Tour werden würde, da stellten wir jauchzend fest, daß wir über diese Landschaftsblase nochmals hinüber mussten. Verdorrie...

Mit halbgeschlossenen Augen fuhr ich dann weiter.

und dann ging es wieder rauf...
...und wieder runter...
...und wieder rauf...
etc.

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ab und zu haben wir mal auf die Karte geguckt.

Wäre aber nicht nötig gewesen. Man musste ja nur gegen den Wind fahren.
Und dann ging es wieder rauf...
...und wieder runter...
...und wieder rauf...
etc.
Unter anderem kamen wir auch ein Stück durch Wallonisch-Brabant. Das sind dort wahre Künstler mit dem Schalbrett und der Betonmischmaschine.
Leider habe ich davon keine Fotos machen können, aus Angst, meine Kamera wäre betoniert worden.
Als es dann dunkel ward, haben wir beschlossen gehabt, ein weiteres Stück mit der Bahn zu fahren.
Und zwar von Halle nach Leuven.
Der Bahnhof in Halle war bereits fertig betoniert und ich hab dann doch noch ein sehr schmeichelndes Lichtbild geknipst:

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Halle, Bahnhof

Etwas ermattet sank ich auf den Sitzplatz der Bahn und hielt die diversen Fahrkarten, die ja auch noch handschriftlich für die Räder personalisiert werden mussten und lauschte der Stimme aus dem Off, welche die Haltepunkte ansagte.
Auf niederl..äh...holländisch. In Brüssel dann zusätzlich mit französischer Zunge. Nach Brüssel wieder nur, na, das kann der geneigte Leser sich nun sicher selber denken.

Ich zuckte nur kurz mit einem Schmunzeln, als der folgende Haltepunkt angekündigt wurde:

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Erps-Kwerps

In Leuven quartierten wir uns rasch in ein Hotel ein. Unsere Frage nach einer Möglichkeit, die Räder zu parken, beantwortete die Rezeptionistin mit dem Hinweis auf das

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Parkhaus (für Räder).
Wir sollten aber nur ja unsere Räder fein ordentlich abschließen, denn sonst würde eine Spitzbübin kommen und die einfach so mitnehmen – ein Skandal!


wordt vervolgd...



Donnerstag, 15. Mai 2014
Zodra het bier kookt, giet je het in de stoofpot.
[2008]

Davor war aber erst die Ankunft in Brügge zu meistern. Und dann, endlich, endlich waren wir dort,

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mitten in der Nacht, in Brügge!

Was wir bei der netten Gastfamilie erlebten, liest der geneigte Leser beim kreuzbuben.
Inklusive der 500g Fritten mit 400g Gulasch in Malzbiersoße...
Dann haben wir im Waschbecken unsere Klamotten gewaschen – natürlich nacheinander.
Dann Heia gemacht. Und wir waren gar nicht tot!

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Der nächste Tag ließe sich Rennradmäßig in drei harten Fakten zusammenfassen:

Gefahrene Kilometer: 0
Getretene Wattzahl: 0
Höhenmeter: Leck mich doch die Söck´ mit Deinen Höhenmetern!

Ich hatte an diesem Tag nämlich eine Mission!

Weil der kreuzbube ja diesen Schnupfen hatte und es ihm nach Snoepjes mit Mentholanteil gelüstete.
Und danach haben wir uns ganz gemütlich im Schutz der anonymen Menschenmassen in der Stadt getummelt.

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Brügge besticht durch hübsche Reenactment-Architektur

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und geduldiges Schlangestehen.

Da ist der Belgier noch besser drin, als der Engländer.
Mir ist da ja mal in grauer Vorzeit im Rathaus von St. Gilles in Bruxelles was passiert:
Ich musste da mal hin. Und auf den Fluren ertönte Mozart als deeskalierendes Hintergrundgeräusch.
Warteschleifenmusik, möchte man meinen. Und da war dann so eine lange Bank gewesen. Nicht nur zum Ausruhen, sondern auch zum Warten, bis man an der Reihe ist.
Ich setze mich für gewöhnlich nicht direkt neben einen anderen Wartenden. Kennt der geneigte Leser vielleicht in ähnlicher Form von öffentlichen Toiletten.
Tja, und da saß ich nun. Auf der langen Bank.
Die Tür des Amtmannes ging auf und der links von mir sitzende Mensch stand auf und betrat das Bureau.
Dann geschah erstmal nix...
Dann stand der rechts von mir sitzende Wartende auf, querte meinen starr auf die Wand gerichteten Blick und setzte sich links von mir auf den vorhin freigewordenen und noch warmen Sitzplatz des sich mittlerweile im Bureau befindlichen ehedem Wartenden zu meiner Linken.
So ging das ungefähr dreimal, bis ich das überhaupt erst geschnallt hatte, daß ich eigentlich hätte aufrutschen müssen.
Die anderen Wartenden dachten nun bestimmt, ich hätte einen Akt des zivilen Ungehorsams durchgeführt... weia.

Dann hab ich mir den Rest des Tages das jüngste Gericht von Hieronimonimus Borschtsch (oder so)
angeguckt. Da hatten wir dann ja nicht nur den Westen, sondern auch den Tod – prima!
Das Bild war wirklich gut gemacht und ich musste nur zwei Stellen mit Kugelschreiber nachbessern.

Dann wurde es dunkel, und dann muss ich ja eigentlich immer zu Hause sein.

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Allerdings nicht, ohne zuvor noch einen ordentlichen Schlag Fritten mit Gulasch in Malzbiertunke zu verzehren.

Zu unserem Unglück war die Speise bereits ausverkauft! Ein Skandal!
Wir nahmen dann Filet-o-Fisch mit, natürlich, Fritten. Dazu wählte ich noch Piccalilly-Soße.
Da kann der geneigte Leser sich aber selber schlau machen, was diese Piccalilly-Soße ist. Im Internet, oder so.
Naja, jedenfalls war das Frittenbett noch umfangreicher als bei der Gulaschtunke.
Geschätzte 700g Fritten!
Tjonge!
Mit solch gefülltem und über Gebühr gedehnten Magen haben wir dann den Heimweg

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auf allen Vieren angetreten.

Und das war ein großes Glück, denn aufrecht gehend, wäre uns bestimmt dieses

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Loch im Gehweg entgangen!

Das kannte ich so nur von der Eat-Pray-Love-Insel in Ostindien.
Ich hab da extra mal ein Lichtbild für Sie herausgesucht:

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Loch

Ausmalend, wie man noch auf die Schnelle eine Unfallversicherung abschließen könnte, um dann dann in den Schacht zu plumpsen um die Reisekasse aufzubessern, verliefen wir uns ein wenig

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in Brügge.

Wir krochen dann zurück zum

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Belfried.

Doch von dort aus war der Rückweg ein Leichtes und wir erreichten dann doch wohlbehalten unsere

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Herberge.


-
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Ich hatte dann aber, als ich bereits in der Heia lag, furchtbare Halluzinationen! Und Bauchweh auch. War bestimmt eine schlecht gewesen, von den 700g Fritten...


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Buh!

wordt vervolgd...