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"Pro Reli - Weltbild in Schieflage"
Bitumen und Aluminium sind die Hauptbestandteile dieser Collage. Das etwas schief liegende Weltbild (Maria als kitschige 3-D Karte) "winkt", je nach Blickwinkel des Betrachters gütig und zum Abschied leise Servus. Labil gehalten durch eine breiige Masse sich überlagerndes Bitumen, gerahmt durch Aluminium, welches durch verstromen von Kohle erst möglich wird. Ein Rest Sakrales durch Hinterleuchtung des Werkes...
Mischtechnik
Format ca. 30 x 45 cm
In der gestrigen Aufregung ganz vergessen, es online zu stellen... grmpf
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prieditis,
Mittwoch, 29. April 2009, 11:25
ich weiß auch nicht ... aber ich finde vor allem die detailbilder stark
dhonau,
Mittwoch, 29. April 2009, 15:11
jahaha, darum hab ich die ja auch gemacht ;o)
das werk ist so angelegt, das man mal genauer hingucken muss! da gibts noch einiges zu entdecken...
das werk ist so angelegt, das man mal genauer hingucken muss! da gibts noch einiges zu entdecken...
prieditis,
Mittwoch, 29. April 2009, 15:51
Ui ui das haut mich um. Ein tolles Werk... Aber warum Bitumen und Aluminium?
dergeschichtenerzaehler,
Mittwoch, 29. April 2009, 16:06
das schreib ich später.. wg. der kaputten hand, sie wissen schon...
prieditis,
Mittwoch, 29. April 2009, 17:10
warum bitumen und aluminium?
ich möchte das mal sinngemäß mit den worten von michael amesbury*, beschreiben:
"Teer (Bitumen) ist Tiefe, ständig in Bewegung, zähflüssig und auch spröde. Er verändert sich mit der Temperatur seiner Umgebung. Teer sind die Reste von Ur-Lebewesen, die gespeicherte Energie eines Sonnentages vor 20 Millionen Jahren. In natürlichen Teerseen sind seit Urzeiten ständig Lebewesen treibsandartig abgesunken. Teer ist ein Tor in eine andere Zeit, eine andere Welt"
aluminium ist dagegen ein werkstoff der gegenwart, der durch die verstromung (verbrennen, sozusagen vernichten) von kohle (der gespeicherten vergangenheit) gewonnen wird.
*ein amerikan. künstler, mit dem ich das vergnügen hatte, eine zeitlang in einem atelier zu arbeiten.
"Teer (Bitumen) ist Tiefe, ständig in Bewegung, zähflüssig und auch spröde. Er verändert sich mit der Temperatur seiner Umgebung. Teer sind die Reste von Ur-Lebewesen, die gespeicherte Energie eines Sonnentages vor 20 Millionen Jahren. In natürlichen Teerseen sind seit Urzeiten ständig Lebewesen treibsandartig abgesunken. Teer ist ein Tor in eine andere Zeit, eine andere Welt"
aluminium ist dagegen ein werkstoff der gegenwart, der durch die verstromung (verbrennen, sozusagen vernichten) von kohle (der gespeicherten vergangenheit) gewonnen wird.
*ein amerikan. künstler, mit dem ich das vergnügen hatte, eine zeitlang in einem atelier zu arbeiten.
prieditis,
Mittwoch, 29. April 2009, 21:16
Jetzt bin ich noch mehr beeindruckt. :-) So hätte ich das nun wirklich nicht gesehen...
dergeschichtenerzaehler,
Mittwoch, 29. April 2009, 22:21
Zum Thema Teer
hieß es, im Zusammenhang mit einem anderen Künstler mal: «Das mag ihn bewogen haben, nach einer Grundfarbe zu greifen, die, nach Adorno, sowohl radikale Kunst symbolisiert als auch ‹inhaltlich einer der tiefsten Impulse der Abstraktion› ist: Schwarz.
Doch dieses Schwarz konnte nicht aus der Retorte, es mußte für ihn aus dem Erdinnern, aus der Geschichtshülle Erde kommen. So bediente er sich des fossilen Schwarz Teer. Mit ihm kam er zum Stoff aufeinandergeschichteter Vergangenheit und damit weg von der sich aus dem historischen Prozeß verabschiedenden reinen Klage. Da war die Möglichkeit einer dialektischen Beziehung zwischen dem Leid und einer Hoffnung, die Novalis als Dichter der Romantik den utopistischen Denkern der Nachkriegsmoderne vorweggenommen hat: die Vorstellung von den Ruinen als Mütter blühender Kinder.
Andererseits ist dieses organische Schwarz des Teers aber auch die Farbe des von Federico Garcia Lorca gestalteten Dämons als Antipode der müden Muse, eines Dämons der sirenenhaften Eingebung, der die Statik auch des Formlosen unterläuft, der dem Gesetzessockel zumindest Risse zufügt.
Dieser Dämon mag ihn veranlaßt haben, Teer und Wasser, zwei sich abstoßende Stoffe, dennoch zu verbinden: Teer und wasserlösliche Acrylfarben. Damit hat er das Chaos des Zufalls heraufbeschworen, das seinen Inhalt aus der Bedeutsamkeit des Fühlens bezieht, aber für sich nichts ist als ausgeworfene Regung, Erregung: Trauer, aber auch Wut — Farbfelder eines unsteuerbaren emotionalen Prozesses, der die Wurzel aus einer Unbekannten zieht.»
Das als (Neben-)Aspekt.
Doch dieses Schwarz konnte nicht aus der Retorte, es mußte für ihn aus dem Erdinnern, aus der Geschichtshülle Erde kommen. So bediente er sich des fossilen Schwarz Teer. Mit ihm kam er zum Stoff aufeinandergeschichteter Vergangenheit und damit weg von der sich aus dem historischen Prozeß verabschiedenden reinen Klage. Da war die Möglichkeit einer dialektischen Beziehung zwischen dem Leid und einer Hoffnung, die Novalis als Dichter der Romantik den utopistischen Denkern der Nachkriegsmoderne vorweggenommen hat: die Vorstellung von den Ruinen als Mütter blühender Kinder.
Andererseits ist dieses organische Schwarz des Teers aber auch die Farbe des von Federico Garcia Lorca gestalteten Dämons als Antipode der müden Muse, eines Dämons der sirenenhaften Eingebung, der die Statik auch des Formlosen unterläuft, der dem Gesetzessockel zumindest Risse zufügt.
Dieser Dämon mag ihn veranlaßt haben, Teer und Wasser, zwei sich abstoßende Stoffe, dennoch zu verbinden: Teer und wasserlösliche Acrylfarben. Damit hat er das Chaos des Zufalls heraufbeschworen, das seinen Inhalt aus der Bedeutsamkeit des Fühlens bezieht, aber für sich nichts ist als ausgeworfene Regung, Erregung: Trauer, aber auch Wut — Farbfelder eines unsteuerbaren emotionalen Prozesses, der die Wurzel aus einer Unbekannten zieht.»
Das als (Neben-)Aspekt.
jean stubenzweig,
Donnerstag, 30. April 2009, 02:28
vielen dank. das passt!
mich stört daran ein wenig der begriff "schwarz". teer ist tiefbraun. verdünnt man es, wird es nicht grau, sondern warmtonig. das würde sogar noch eher zum attribut "mütterlich" passen.
mich stört daran ein wenig der begriff "schwarz". teer ist tiefbraun. verdünnt man es, wird es nicht grau, sondern warmtonig. das würde sogar noch eher zum attribut "mütterlich" passen.
prieditis,
Donnerstag, 30. April 2009, 11:42
Da gebe ich Ihnen
durchaus recht – doch alles ist eine Frage des Lichts. Aber hier sollte die Nicht-Farbe Schwarz (die sie nicht ist nach Ihrem berechtigten Einwand) auch eher als Synonym gesehen werden.
jean stubenzweig,
Donnerstag, 30. April 2009, 13:03
Sagen Sie mal, riecht das Bild eigentlich auch? Gibt es einen Teergeruch?
dergeschichtenerzaehler,
Donnerstag, 30. April 2009, 19:55
ich meine, es geht ja offensichtlich auch um den gegensatz von natur und kultur, wenn ich die andeutungen richtig verstanden habe, der sich in den materialien von bitumen und aluminium veranschaulichen (soll). wenn bitumen auch nicht begriffsgleich zu teer ist, so ist doch die zumindest konnotative brücke zur farbe schwarz geschlagen; die „erdige“ einarbeitung von bitumen und die metallig-glitzernde von aluminium betreibt den behaupteten gegensatz, der gewissermaßen in der gattung mensch ihren ausgang nimmt. (auch natürlich der von finsternis und licht)
der mensch wendet sich gegen natur, auch gegen die eigene, indem er sie sich als GEGENstand unterwirft. (das ist die hybris mensch)
gleichwohl vollzieht sich doch immer auch natur durch den mensch, egal was er tut.
er ist der bruch wie die brücke wie das medium (als verMITT[E]lung). was ihm fehlt ist also schon begriffslogisch anfang und ende. das ist seine religiöse disposition (seine unterworfenheit): das fragen nach anfang und ende, das ihm erwächst aus dem paradigma leben (geburt und tod). alles, was er betrachtet, ist er geneigt nach diesem muster zu verstehen. wo ist der beginn? wo führt es hin?
wenn ich sage, daß ich die detail-bilder stark finde, (beachte: wir haben es ja hier mit fotografierten bildern zu tun) dann ist das eine leise, respektvoll gemeinte kritik am zugrundeliegenden bild. die ich allerdings (noch) nicht formulieren kann.
mit der (auseinander)trennung von kultur und natur verortet der mensch ja (auch) seine zerrissenheit. religion ist insofern ein versuch, dieser zerrissenheit heilend zu begegnen.
das schöne an Ihrem bild ist für mich, daß der kitsch in diesem bildkontext (vor allem der detail-aufnahme) gleichsam wegbricht. da nämlich der mensch (der diese maria immer noch auch ist) nicht nur bewunderer wie schänder der natur ist, sondern trotz allem auch medium dieses wunders bleibt. das wunder kommt zu uns durch uns (unsere natur) selbst.
der mensch wendet sich gegen natur, auch gegen die eigene, indem er sie sich als GEGENstand unterwirft. (das ist die hybris mensch)
gleichwohl vollzieht sich doch immer auch natur durch den mensch, egal was er tut.
er ist der bruch wie die brücke wie das medium (als verMITT[E]lung). was ihm fehlt ist also schon begriffslogisch anfang und ende. das ist seine religiöse disposition (seine unterworfenheit): das fragen nach anfang und ende, das ihm erwächst aus dem paradigma leben (geburt und tod). alles, was er betrachtet, ist er geneigt nach diesem muster zu verstehen. wo ist der beginn? wo führt es hin?
wenn ich sage, daß ich die detail-bilder stark finde, (beachte: wir haben es ja hier mit fotografierten bildern zu tun) dann ist das eine leise, respektvoll gemeinte kritik am zugrundeliegenden bild. die ich allerdings (noch) nicht formulieren kann.
mit der (auseinander)trennung von kultur und natur verortet der mensch ja (auch) seine zerrissenheit. religion ist insofern ein versuch, dieser zerrissenheit heilend zu begegnen.
das schöne an Ihrem bild ist für mich, daß der kitsch in diesem bildkontext (vor allem der detail-aufnahme) gleichsam wegbricht. da nämlich der mensch (der diese maria immer noch auch ist) nicht nur bewunderer wie schänder der natur ist, sondern trotz allem auch medium dieses wunders bleibt. das wunder kommt zu uns durch uns (unsere natur) selbst.
dhonau,
Freitag, 1. Mai 2009, 02:13
ps: wenn ich so sagen darf: das triptychon der (fotografierten!) detail-bilder ist wie ein wiederbelebung dieser religiösen disposition (nicht der religion)
diese wirkung schreibe ich dem (fotografierten!) "ganzbild" nicht zu
diese wirkung schreibe ich dem (fotografierten!) "ganzbild" nicht zu
dhonau,
Freitag, 1. Mai 2009, 02:27
ich find die Ausführungen ziemlich interessant. Der Gegensatz Natur-Kultur war von mir nicht bewusst beabsichtigt. Mir ging es vornehmlich um die Darstellung von Geschichte.
Das ist aber auch gerade das tolle an Bildern, dass der "Code" noch viel verzwickter und vielschichtiger ist als Sprache. =)
Die Detailbilder müssen zwangsläufig eine andere Wirkung haben. Das (Über)Licht von hinten wirkt sakral, während das Ganzbild im Schatten steht. Ein leidiges Problem an Bildern von Bildern.
Steht man mit der Nase direkt davor, ist die Wirkung vermutlich wieder eine ganz andere...
Vielleicht sollte ich das Bild mal auf Reise schicken...
achja, nochwas:
Sie dürfen hier alle nach Herzenslust kritisieren und kommentieren. Darum habe ich auch das Blog als Medium gewählt und nicht eine "normale" Homepage, wo man nur betrachten kann.
Das ist aber auch gerade das tolle an Bildern, dass der "Code" noch viel verzwickter und vielschichtiger ist als Sprache. =)
Die Detailbilder müssen zwangsläufig eine andere Wirkung haben. Das (Über)Licht von hinten wirkt sakral, während das Ganzbild im Schatten steht. Ein leidiges Problem an Bildern von Bildern.
Steht man mit der Nase direkt davor, ist die Wirkung vermutlich wieder eine ganz andere...
Vielleicht sollte ich das Bild mal auf Reise schicken...
achja, nochwas:
Sie dürfen hier alle nach Herzenslust kritisieren und kommentieren. Darum habe ich auch das Blog als Medium gewählt und nicht eine "normale" Homepage, wo man nur betrachten kann.
prieditis,
Freitag, 1. Mai 2009, 12:48
herr geschichtenerzähler
nein, es riecht nicht. ich habe den die das bitumen auf mehrere lagen folie aufgetragen und versiegelt, damit es hängend nicht ausläuft... hoffe ich ;o)
prieditis,
Freitag, 1. Mai 2009, 12:50
Gibt es denn so etwas überhaupt? Bilder mit Geruch?
dergeschichtenerzaehler,
Freitag, 1. Mai 2009, 13:23
Bilder mit Geruch?
natürlich!!! lagern sie ein x-beliebiges bild einige zeit in einem feuchten raum - solln se mal sehen...äh, riechen... ;o)
prieditis,
Freitag, 1. Mai 2009, 17:14
@ Das ist aber auch gerade das tolle an Bildern, dass der "Code" noch viel verzwickter und vielschichtiger ist als Sprache.
das gilt doch auch für sprache und text. jede äußerung dieser art hat ebenso einen "überschuß" über das bloß intendierte.
jede künstlerische äußerung, meine ich, interessiert sich auf irgendeine weise und schließlich, meine ich, für diese "umschlagstelle" von natur in kultur und umgekehrt. als ausdrucksgeschehen ist oder bleibt der mensch immer natur(haft), als plan- und absichtsvoll handelnder agiert er "zivilisation". diese schematische trennung ist aber in wahrheit hochverschränkt, d. i. komplex.
sich für sich zu interessieren bedeutet für den mensch individuell wie auch als gattung immer auch die unterscheidung/schnitt/differenz zu begreifen suchen zwischen dem grammatischen subjekt (das den satz regiert, also akteur ist, der souverän seiner handlungen) und der existenzweise subjekt, seiner unterworfenheit (lat. subiecere = unterwerfen; vgl auch engl. subject = untertan) als naturwesen etwa den "gesetzen" des lebens etc.
diese differenz erzeugt den mensch, durch sie ist er erst der mensch. dieses schöpfer sein wollen (kreator, autor, organisator etc ...) wie zugleich aufgefangen und eingebettet sein zu wollen in natur, schöpfung (was auch immer) macht die spezifisch menschliche dynamik aus.
bitumen stünde dann unter diesen aspekten für die uns dunkle erzeugende energie (natura naturans = schöpfende, gebärende natur); aluminium für das (von uns) erzeugte helle, glänzende (ewigkeit heischende) kulturprodukt (das ist doch der unterschied zwischen hellsein = der einsicht und dem erkennen ausgesetzt sein, – und dem glanz [des goldes, des heldischen, des ruhms = das ist gemeinte unsterblichkeit]).
aluminum wäre da so sozusagen die industrielle, „leichtere“ form des glanzes, eine irdischere variante des "ewigen" glanzes. – das sei noch zur ergänzung gesagt
jede künstlerische äußerung, meine ich, interessiert sich auf irgendeine weise und schließlich, meine ich, für diese "umschlagstelle" von natur in kultur und umgekehrt. als ausdrucksgeschehen ist oder bleibt der mensch immer natur(haft), als plan- und absichtsvoll handelnder agiert er "zivilisation". diese schematische trennung ist aber in wahrheit hochverschränkt, d. i. komplex.
sich für sich zu interessieren bedeutet für den mensch individuell wie auch als gattung immer auch die unterscheidung/schnitt/differenz zu begreifen suchen zwischen dem grammatischen subjekt (das den satz regiert, also akteur ist, der souverän seiner handlungen) und der existenzweise subjekt, seiner unterworfenheit (lat. subiecere = unterwerfen; vgl auch engl. subject = untertan) als naturwesen etwa den "gesetzen" des lebens etc.
diese differenz erzeugt den mensch, durch sie ist er erst der mensch. dieses schöpfer sein wollen (kreator, autor, organisator etc ...) wie zugleich aufgefangen und eingebettet sein zu wollen in natur, schöpfung (was auch immer) macht die spezifisch menschliche dynamik aus.
bitumen stünde dann unter diesen aspekten für die uns dunkle erzeugende energie (natura naturans = schöpfende, gebärende natur); aluminium für das (von uns) erzeugte helle, glänzende (ewigkeit heischende) kulturprodukt (das ist doch der unterschied zwischen hellsein = der einsicht und dem erkennen ausgesetzt sein, – und dem glanz [des goldes, des heldischen, des ruhms = das ist gemeinte unsterblichkeit]).
aluminum wäre da so sozusagen die industrielle, „leichtere“ form des glanzes, eine irdischere variante des "ewigen" glanzes. – das sei noch zur ergänzung gesagt
dhonau,
Dienstag, 5. Mai 2009, 18:41