Gerne wäre ich noch beim Thälmann geblieben.
Aber es gab doch einiges mehr zu entdecken in der Stadt der kurzen Wege: Weimar
Und so zogen wir weiter über die alte Dame Grauwacke. Wir, das waren mein Begleiter Peter Recair, stets auf der Sonnenseite des Lebens stehend, und ich!
Halb zog es uns halb zogen wir und das noch nicht einmal weit, als wir an ein frisch gestrichenes Gebäude kamen, das man Gauforum nennt. Dem fehlte aus unerfindlichen Gründen das Epitaph. Das hatte wohl mal einer gebrauchen können und abends einfach heimlich still und leise mitgehen lassen.
Das Epitaph ist aber das wichtigste Bauteil und weil es nicht vorhanden war, bauten wir selbst uns gar nicht erst vor dem Portal auf, sondern erschlossen uns den Komplex über einen seitlich hinter dem Gauforum liegenden Fußweg.
Da war dann so eine Wand, wenn nicht Mauer gar, die war ganz schön bunt bemalt. Davor lag über die gesamte Länge verteilt ein Häuflein bunter Putz. Den hatten wohl einige Mauerspechte abgeknibbelt.
Ich dachte laut nach:
„Vertrag zwischen den Honoratioren der Stadt Weimar und den halbstarken Jüngern des Bob Ross!
Liebe Kindlein, hier haben wir eine Mauer für euch geschaffen, die dürft ihr ganz wie es euch beliebt, mit ein wenig, wenig Farbe aus Sprühdosen oder mit dicken Filzmalern sachte verzieren.
Wenn die Wand dann irgendwann einmal vollkommen bemalt ist, dann weißeln wir sie wieder und ihr, liebe Kindlein, dürft wieder von neuem sachte und sanft eure Hormone spielen und den Pinsel, den Filzmaler oder die Sprühdose gar, auf der Fläche der Mauer tanzen lassen.
Im Gegenzug seid ihr, liebe Kindlein, so nett und lasst uns den Thälmann in Ruh´! Seid gut, wenn ihr könnt!“
Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr verfestigte sich diese hübsche Vorstellung eines Abkommens zwischen der Stadt und den Hobbykünstlern. Wenn nicht hier, wo denn bitteschön sonst als in der Stadt, in der die Kunst erfunden wurde?
Fröhlich war ich übrigens, weil ich diese Schmierereien im Restlumen der großen Tageslichtleuchte betrachten konnte. Ein wenig unheimlich war es nämlich schon, dafür sorgten alleine meine rudimentären Kenntnisse über die Historie des Gauforums. An eingien Fenstern erkannte man noch die Reste einer ehemals vorhandenen Vergitterung, die bestimmt nicht zum Schutze vor unbefugtem Betreten dienten. Damals, als das Nomen „Schutz“ für die betroffenen Schützlinge eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben bedeuten konnte.
Peter Recair und ich ließen die Weimarer Mauer links liegen und hielten uns rechter Hand, vorbei an einem urinierenden Tunichtgut, in Richtung des „Atrium“. Dieser Teil des Gauforum-Komplexes wurde erst nach dem großen Kriege erbaut, aber wegen der räumlichen Nähe zum eigentlichen Gauforum nennen ihn einige Einwohner „Arium“.
Es beherbergt heute ein Einkaufszentrum mit Tiefgarage. In Letzterer verbringt ein Teil der örtlichen Jugend gerne und häufig einen Teil seiner Freizeit und spielt ulkige Spielchen.
Wir beobachteten eines dieser Spielchen, welches dort an der „frischen Luft“ stattfand und gaben ihm den Namen:
„Aus-dem-Stand-über-Mülltonnen-hüpfen-oder-auch-nicht-aua-aua-aua“
Es waren Testosteronträchtige Männlein, die diesen Sport ausübten, alleine um die anwesenden Weibchen zu beeindrucken.
Wie kamen wir überhaupt auf die wenig glorreiche Idee, den Zugang durch die Tiefgarage zu suchen?
Nun, ich möchte die Antwort nicht vorenthalten:
Peter Recair, der mit der Sonnenseite, führte mich zu einem Schild, welches uns zu einer Runde Monopoly auf dem Gauforumgelände, inklusive Atrium-Begehung einlud.
Gleichzeitig war dieses Schild auch eine Ereigniskarte. Ich habe davon ein Foto gemacht:
[1265]
Ohne über „Los“ zu gehen und ohne 4000 Euro in der Tasche, haben wir dann beide Möglichkeiten ausprobiert. Schummeln würde ich das nicht nennen. Was uns dann nach dem Gang über die Brücke widerfuhr, das schreib ich dann noch...
Aber es gab doch einiges mehr zu entdecken in der Stadt der kurzen Wege: Weimar
Und so zogen wir weiter über die alte Dame Grauwacke. Wir, das waren mein Begleiter Peter Recair, stets auf der Sonnenseite des Lebens stehend, und ich!
Halb zog es uns halb zogen wir und das noch nicht einmal weit, als wir an ein frisch gestrichenes Gebäude kamen, das man Gauforum nennt. Dem fehlte aus unerfindlichen Gründen das Epitaph. Das hatte wohl mal einer gebrauchen können und abends einfach heimlich still und leise mitgehen lassen.
Das Epitaph ist aber das wichtigste Bauteil und weil es nicht vorhanden war, bauten wir selbst uns gar nicht erst vor dem Portal auf, sondern erschlossen uns den Komplex über einen seitlich hinter dem Gauforum liegenden Fußweg.
Da war dann so eine Wand, wenn nicht Mauer gar, die war ganz schön bunt bemalt. Davor lag über die gesamte Länge verteilt ein Häuflein bunter Putz. Den hatten wohl einige Mauerspechte abgeknibbelt.
Ich dachte laut nach:
„Vertrag zwischen den Honoratioren der Stadt Weimar und den halbstarken Jüngern des Bob Ross!
Liebe Kindlein, hier haben wir eine Mauer für euch geschaffen, die dürft ihr ganz wie es euch beliebt, mit ein wenig, wenig Farbe aus Sprühdosen oder mit dicken Filzmalern sachte verzieren.
Wenn die Wand dann irgendwann einmal vollkommen bemalt ist, dann weißeln wir sie wieder und ihr, liebe Kindlein, dürft wieder von neuem sachte und sanft eure Hormone spielen und den Pinsel, den Filzmaler oder die Sprühdose gar, auf der Fläche der Mauer tanzen lassen.
Im Gegenzug seid ihr, liebe Kindlein, so nett und lasst uns den Thälmann in Ruh´! Seid gut, wenn ihr könnt!“
Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr verfestigte sich diese hübsche Vorstellung eines Abkommens zwischen der Stadt und den Hobbykünstlern. Wenn nicht hier, wo denn bitteschön sonst als in der Stadt, in der die Kunst erfunden wurde?
Fröhlich war ich übrigens, weil ich diese Schmierereien im Restlumen der großen Tageslichtleuchte betrachten konnte. Ein wenig unheimlich war es nämlich schon, dafür sorgten alleine meine rudimentären Kenntnisse über die Historie des Gauforums. An eingien Fenstern erkannte man noch die Reste einer ehemals vorhandenen Vergitterung, die bestimmt nicht zum Schutze vor unbefugtem Betreten dienten. Damals, als das Nomen „Schutz“ für die betroffenen Schützlinge eine ernsthafte Gefahr für Leib und Leben bedeuten konnte.
Peter Recair und ich ließen die Weimarer Mauer links liegen und hielten uns rechter Hand, vorbei an einem urinierenden Tunichtgut, in Richtung des „Atrium“. Dieser Teil des Gauforum-Komplexes wurde erst nach dem großen Kriege erbaut, aber wegen der räumlichen Nähe zum eigentlichen Gauforum nennen ihn einige Einwohner „Arium“.
Es beherbergt heute ein Einkaufszentrum mit Tiefgarage. In Letzterer verbringt ein Teil der örtlichen Jugend gerne und häufig einen Teil seiner Freizeit und spielt ulkige Spielchen.
Wir beobachteten eines dieser Spielchen, welches dort an der „frischen Luft“ stattfand und gaben ihm den Namen:
„Aus-dem-Stand-über-Mülltonnen-hüpfen-oder-auch-nicht-aua-aua-aua“
Es waren Testosteronträchtige Männlein, die diesen Sport ausübten, alleine um die anwesenden Weibchen zu beeindrucken.
Wie kamen wir überhaupt auf die wenig glorreiche Idee, den Zugang durch die Tiefgarage zu suchen?
Nun, ich möchte die Antwort nicht vorenthalten:
Peter Recair, der mit der Sonnenseite, führte mich zu einem Schild, welches uns zu einer Runde Monopoly auf dem Gauforumgelände, inklusive Atrium-Begehung einlud.
Gleichzeitig war dieses Schild auch eine Ereigniskarte. Ich habe davon ein Foto gemacht:
[1265]
Ohne über „Los“ zu gehen und ohne 4000 Euro in der Tasche, haben wir dann beide Möglichkeiten ausprobiert. Schummeln würde ich das nicht nennen. Was uns dann nach dem Gang über die Brücke widerfuhr, das schreib ich dann noch...
Es zog mich und meinen Begleiter, Peter Recair, auf der Sonnenseite des Lebens stehend, hinaus aus dem Bahnhof und hinein in die pulsierende Stadt des ewigen Sonntags: Weimar.
Wir waren übelst gut gelaunt und mit leichtem Gepäck versehen. Außerdem waren noch ein, zwei Getränke mit von der Partie, verstaut in einem bunten Plastebeutel, den trug Peter.
So schlenderten wir also dahin, über die alte Dame Grauwacke, vorbei an Schnellrestaurationen in denen, mit Ausnahme des Service-Personals, keine menschliche Seele sich befand.
Sodann geschah es, daß wir dem ersten Passanten begegneten. Ein großer Mann, ein Riese gar, stand dort, erhöht auf einer Art Stele, mit ausgestreckter Rechten. Wir mutmaßten, daß er hier Obacht gäbe, auf das niemand es auch nur wagen möge, die Travertinwand, vor der er stand, mit Farbe aus Sprühdosen oder dicken Filzstiften zu verhunzen.
Dies tat er zweifelsfrei mit gutem Erfolg, denn um ihn herum war alles blitzeblank sauber. War es am Ende gar Meister Proper persönlich, der dort stand, den gereckten Arm bereit haltend, einen Putzlappen aufzunehmen – nur für den Fall der Fälle?
Aber mein Begleiter, Peter Recair, der, ich erwähnte es bereits, auf der Sonnenseite des Lebens stand, hob im selben Augenblick die rechte Hand über den Kopf, wobei der Daumen zum Kopf und der kleine Finger zum Himmel zeigte und rief voller Inbrunst: „Seid bereit!“
Ich tat es ihm gleich, äußerte mich aber mit dem mir angeborenen „Helau!“
Nur der graue Riese, der sagte nichts.
Nanu? Wir stutzten, sahen uns an und beschlossen wortlos, mal zu dem Mann hinüber zu gehen. Vielleicht hatte er ja Bonbons in der Tasche? Fragen konnte man ihn ja mal.
Festen Schrittes und Mutes näherten wir uns dem Riesen, der uns seine Faust entgegen reckte.
„Seid bereit!“, sagte Peter Recair abermals. Doch wieder blieb der Riese stumm.
Ich merkte an, daß der ausgestreckte Arm vielleicht ein Zeichen sei für „Hinfort, ihr halbstarken Racker!“ - „Nein, nein!“ erwiderte Peter. „Da sind Bonbons drin, ich weiß es ganz genau! Seid bereit!“
Je näher wir kamen, umso mehr erinnerte mich der Riese an einen Boxer, wenn seine
Haltung auch eher jenem Elan glich, welchen Bud Spencer in seinen späteren Filmen an den Tag legte. Jene Filme, in denen die Lauf-Szenen immer nur von hinten, mittels Double aufgenommen wurden. Wer Bud Spencer nicht kennt, dem sei Ottfried Fischer empfohlen.
Näher und näher kamen wir also an den dunklen Riesen heran.
Nun konnte man schon erkennen, daß sein Podest beschriftet war. „Ernst Thälmann“ stand in Travertin (aus dem heimischen Steinbruch um die Ecke) gemeißelt. Treffend, wie ich fand, denn „Lustig Thälmann“ hätte die Körperhaltung nicht beschrieben.
Peter Recair beschleunigte seinen Schritt abermals. Er trug ja noch seinen Plastebeutel, bunt bedruckt, in dem sich die Getränkeflaschen befanden und durch die Beschleunigung und überhaupt war Isaac Newton schuld, erhöhte sich auch das Klimpergeräusch, welches aus dem Beutel nach drau0en drang.
„Klimper“, „Kling-Klong“ und was das OEuvre der Onomatopoesie so hergab.
Mit immer schnellerem Schritt durchmaßen wir das Vorfeld.
Peter Recair wurde dazu auch immer lauter: „Seid bereit!“, die Hand über dem Kopf haltend, Daumen zum Kopf und den kleinen Finger zum Himmel haltend, während ich immerzu „Parole Emil! Parole Emil!“ schmetterte. Das hatte ich nämlich mal in einem wenig bekannten Buch eines noch weniger bekannten Autors gelesen. Erik Ode, nein, Eric Käschtner war wohl sein Name. Ich bemerkte außerdem das Geräusch von schließenden Fenstern.
Dann stieß ich mit der Fußspitze an einen ca. 0,5 cm höher gelegenen Pflasterstein und schlug der Länge nach zu Boden. Präziser ausgedrückt, ich fiel auf exakt 4 sensible Innervationsgebiete meines Körpers: Knie und Ellenbogen.
Franz Liszt hätte seine Freude an meiner Intonation gehabt.
Peter Recair indes blickte stur gen Riesen und sagte zwischen zwei „Seid bereit!“-Parolen:
„Ich lasse Dich zurück! Die Mission ist wichtiger!...Seid bereit!“
„Na gut,“ dachte ich mir im stillen Schmerz, „dann mach ich halt Fotos!“
und richtete mich beinahe häuslich ein, während ich den voranschreitenden Peter Recair mittels meiner Lochkamera für, wenn nicht die Ewigkeit, so doch für den nächsten Blog-Beitrag, festhielt.
Schlußendlich erreichte Peter Recair den Riesen namens Ernst Thälmann.
Was die beiden sprachen, konnte ich aufgrund der Distanz zwischen mir und den beiden nicht verstehen. Anscheinend echauffierte sich Recair. Dies entnahm ich seinen Gesten und dem wiederholten Aufstampfen mit seinem rechten Fuß. Thälmann allerdings ließ sich dadurch nicht provozieren und blieb gelassen sowie völlig regungslos. Nur die halb ausgestreckte Faust deutete an, daß er sich Peter Recair auf Abstand hielt.
Plötzlich griff Peter Recair in seinen mitgeführten Plastebeutel.
Denn anstatt Ernst Thälmann die vermuteten Bonbons abzuluchsen, hielt Peter Recair nun seinerseits dem Ernst Thälmann etwas hin: eine ordentliche Flasche Bier!
Ob Ernst Thälmann das Geschenk annahm, kann ich nicht mit Gewißheit sagen. Ich musste den Film der Lochkamera wechseln und war für die Dauer eines Wimpernschlages abgelenkt. Der Thälmann, so erfuhr ich viel später, hatte ja immer ein Herz für die Menschen von unten, die es nicht, wie die Romanfigur eines Hans Fallada, nach oben schafften. Das wir, beziehungsweise der brave Peter Recair, einer von unten war, konnte man bereits daran ersehen, daß der Ernst Thälmann auf einem Podest stand und Peter Recair eben nicht und darum zu ihm hinaufschauen musste. Darum war der graue Riese Ernst Thälmann bestimmt nicht so unhöflich, ihm die dargereichte Gabe aus dem Volk auszuschlagen.
Glaube ich.
Und immerhin war die Pulle leer, als Peter Recair mich auf dem Rückweg abholte. Natürlich brachte er die leere Flasche wieder mit. Ich meine, nicht wahr, Bier ist Bier und Pfand ist Pfand!
Und weil ich schließlich auch Optionsscheine auf das Bier erworben hatte, war es ebenso mein Teileigentum, welches der Peter Recair da verschenkt hatte und man darf wohl mit Fug und Recht behaupten:
„Das war der Tag, an dem wir Ernst Thälmann ein Bier ausgaben!“
[1264]
Der finale Brief N° 16 über meine Auslandsreise, in dem ich schonungslos das dortige Provisionssystem der Taxifahrer aufdecke! Vergesst Lonely Planet, lest meine Briefe!
"...quasi unter Reinraum-Bedingungen"
Lesen Sie meinen Bericht über die Kraftfahrzeugproduktion des asiatischen Archipelago.
Brief N° 15 ist eingetroffen.
Ein Platzhalter für die als verschollen gemeldete Post aus Niederländisch Indien...
Demnächst eine kurze Geschichte über die berühmten Kaffeekackkatzen.
Die Arbeiten #1063-1094 finden Sie bei Frau Bona!
"Ich fand sogar die sagenumwobene Kola-Nuss! Die, aus der die leckere
Scho-Ka-Kola-Fliegerschokoloade gemacht wird."
Schlag auf Schlag! Lesen Sie die Briefe
Brief N°12,
Brief N°13,
und
Brief N°14.
Zwischenzeitlich habe ich in Erfahrung gebracht, daß ein Wurzelkanal meines Backenzahnes 23 mm lang ist. Wie man das herausfindet?
Ganz einfach, man schiebt einen Draht hinein und muss dann nur noch ablesen...
"Es war ihm etwas peinlich, aber gönnerhaft verzieh ich ihm."
Wieder so ein despektierliches Zitat, nachzulesen im Brief N°12
"Herz-Dame mit dicken Beinen...jetzt auch mit AFTERLIFE GUARANTEE" mehr dazu lesen Sie bei Frau Bona
a. a. O. vermutete Jean Stubenzweig:
"Zunehmend verstärkt sich mein Eindruck, Sie wollten der jüdisch-christlichen Leidkultur von der Fahne gehen – bei diesen vielen Tempelgängen."
Ein Zitat aus dem Zusammenhang, auf das ich gerne hier antworte:
Am 3. Januar begab ich mich des nachts zu meiner Schlafstatt. Durch Krämpfe schwer geschwächt, ging ich etwas retardiert und nicht behende im Ausfallschrittsprunglauf, wie sonst üblich. Man könnte auch sagen: Ein geschickter Schuster hätte mir die Schuhe besohlen können, während ich so meinen Weg ging.
Weil ich so leise schlich, hatte ich dann in der Kammer das zweifelhafte Vergnügen, einen Zimmergenossen kennenzulernen, der sich zuvor sehr bedeckt gehalten hatte.
(Periplaneta orientalis), nähere Beschreibungen entnehmen Sie bitte "Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen.", Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884, S. 537-539.
"Hui, wie schick! Ein Ureinwohner!", dachte ich da so, ganz ohne Nebengedanken. Ich habe nicht einen Gedanken darüber verschwendet, warum das kauzige Tierchen auf dem Rücken lag. Vielleicht war er vom Bett gefallen (das fällt mir nun ein)? Leider hatte ich meinen Fadenzähler daheim liegen gelassen, sodaß ich keinerlei Studien anfertigen konnte. Außerdem meldete sich kurzfristig das Bauchgrimmen zurück. Flugs griff ich zum Kerzenglas (aus Acryl) des Windlichtes, welches sich gleich neben dem Bette auf einem Nachtschränkchen, neben einer erklecklichen Anzahl von Kohletabletten, befand. Und rubbeldikatz das Dingen über den Kameraden gestülpt.
Doch was nun? Sollte ich diesen knuddeligen Gesellen, wie so viele seiner Art ein typischer Einzelgänger, in meinen Koffer packen, um ihm daheim bei mir eine neue Heimstatt zu verschaffen? Mir war unwohl bei dem Gedanken, ihn seiner vertrauten Umgebung zu berauben. Das Beste wäre wohl gewesen, ihn vor die Tür zu setzen, um ihm die gerechte Gelegenheit zu bieten, sich selbst ein neues Domizil zu suchen. Doch was wäre, wenn dieser Kakerlak, wie manche Tauben, Hunde von der Autobahnraststätte oder Aale und Lachse, einfach wieder zurück käme?
So entspann sich in meinem Kopf ein philosophischer Dialog zwischen den zwei inneren Schweinehunden. Der wurde mir sehr schnell zu kompliziert. Handeln war gefragt!
Mit festem Blick die Schabe beobachtend, machte ich mit der linken Hand einige ungelenke Versuche, die Zeitung auf dem Nachttisch zu ergreifen. Dabei traf ich den Auslöser für das Kompaktscheibenabspielgerät. Dieses trötete auch binnen weniger Momente los und spielte eine geradezu sinnstiftende Melodei - dazu später mehr.
Der Kakerlak schien mir darob überrascht und zuckte sogleich überaus nervös, während es mir dann doch noch gelang, die gesuchte Zeitung zu ertasten und zu mir zu ziehen. Wäre ich geistig auf der Höhe gewesen, hätte ich mich auch daran erinnert, das die zu kleinen Türmchen gestapelten Kohletabletten darauf lagen.
Das Geräusch der hinunterplumpsenden Comprimetten versetzte mich nicht in Verzückung. Musste ich sie doch nun vom Boden auflesen und wieder aufs neue stapeln.
Eine Arbeit, die zunächst verschoben wurde, denn der mittlerweile gefasste Aktionsplan Kakerlak trat in kraft:
Mit gleichmäßig zitternder Hand schob ich nun die Zeitung unter das Windlichtglas. Es war gar nicht so einfach, denn es galt doch, zusätzlich die Zeitung unter den nervösen Gesellen zu plazieren. Es knisterte, woran zweifelsohne die unruhig hin und her zappelnde Schabe einen großen Anteil hatte. Sie lag schließlich auf dem Rücken und ich wollte um jeden Preis verhindern, daß sie durch meine Aktivität vorzeitig wieder auf die Beine kam. Denn dann wäre sie mir bestimmt ausgebüxt. Das wäre eine feine Kosten-Nutzen-Rechnung geworden! Ich war ein bißchen nervös, aber letztlich erfolgreich.
Was für eine große Freude! Naja, es war mehr ein Stück Erleichterung.
Der Aktionsplan Kakerlak war beendet, denn weiter gingen meine Planungen zunächst nicht.
Und nun? Das Windlichtglas leicht schiebend, versuchte ich herauszufinden, welche Technik die erfolgversprechende sei, um das Knisterkerlchen irgendwie aus meiner Kammer zu entfernen. Das Glas war ja eine Hülse und keine Büchse und mir war nicht klar, ob der Rückenlieger nicht doch in der Lage sei, die Acrylglaswandung empor zu kraxeln.
Er war nicht. Derweil ich ungelenk hantierte, meldete sich mein Bauchgrimmen spontan zurück. Diese kurze Ablenkung ließ mich auf das Lied hören, welches ich bereits als sinnstiftend bezeichnete.
Es war nicht so, daß ich alle Handlungen und Überlegungen, die ich seit ertönen des Kompaktscheibenabspielgerätes getätigt hatte, innert 2:32 Minuten vollzogen hätte. Dazu war ich schlichtweg nicht fit genug. Es war vielmehr so, daß ich mir dieses Lied als Sicherungskopie so an die dreiundzwanzig Mal auf die Makrolonscheibe gebrannt hatte. Der Barde dieses Liedes, Schlaffke Wolff alias Zwakkelmann aus Hamminkeln/ b. Wesel, vergisst nämlich ganz gerne mal seinen Text (das hat er mit einem anderen Liedermacher des Niederrheins gemeinsam: Hans Dieter Hüsch)...
Aber ich konnte mir den Text sehr wohl merken und so pfiff ich bei dem Liedlein mit, ja, teilweise drückte ich gar einige Verse durch meine gespannten Lippen.
Ich kürz mal ab:
Da kann man mal sehen, wie selbst gedruckte Ablichtungen von Feuerwerken äußerst gefährlich für Leib und Leben sein können...
Und das ist eigentlich und schlußendlich die Antwort auf Herrn Stubenzweigs Vermutung.
Ich glaube, ich werde auch (sic!) in diesem Leben weder Hindu- noch Buddhist.
Lesen Sie auch meine Urlaubspost vom Tag 9.
Und auch die Post N° 10, passend zu diesem Beitrag, ist nach bereits 2 Wochen eingetroffen!