[2214]
"Neue Zähne für meinen Bruder und mich"
Titel und Zähne sind geklaut
„Ich hab ja auch noch so´n altes Campagnolo-Rad in der Garage stehen“
Der weißbärtige Hüne zog schmatzend an seiner Pfeife.
„Ach!“, sagte ich.
Und dann hatte ich ein Rad mehr...
[2195]
Also, nicht sofort.
Erstmal wollte ich genauer bescheid wissen. Bescheid wissen ist furchtbar wichtig, hier bei uns am Niederrhein. Nichtbescheidwisser haben nämlich einen ganz besonderen Namen. Man nennt sie „Strategen“. Wisster Bescheid!
Ich bin ja so´n Stratege, was Rennradkomponenten betrifft. Böhmische Dörfer sind das für unsereins. Da hab ich gedacht: Hör gut zu! Kannste noch was lernen.
„Joah,“ hob der Hüne an, „das Rad hab ich vor 50 Jahren von ´nem Rennradfahrer gekriegt (erhalten, Anm. d. Autors). Das war schon was Besseres, damals. Der Fahrer hieß Mühlenfeld oder Mühlenfels, dat weiß ich nich mehr so genau. Jedenfalls war die Ausstattung Tip-top, da gibbet gar nix zu zu meckern!“
„Der hatte sich das Rad bei Dornbusch in Duisburg maßschneidern lassen. Der Rahmen hat nämlich keine Rahmennummer, sondern da ist der Name vom Mühlenfeld (oder -fels) eingeschlagen.
Sauteuer muss dat gewesen sein.“
„Und ´ne Hüreh-Schaltung! Hüreh! Dat war die beste, die man damals für Geld kriegen konnte!“
Meine Frage, warum eine Huret-Schaltung an einem „Campagnolo-Rad“ verbaut war, wo doch Campagnolo selber ganz passable Schaltwerke auch damals schon hergestellt hatte wurde mit der Wiederholung
„Hüreh! Dat war die beste, die man damals für Geld kriegen konnte!“
beantwortet. Punkt.
Hip Hip Hüreh...
"Und wer will schon schalten!? Damals, da sind wir in einem Gang los gefahren und sind bis, bis... bis Amsterdam sind wir gefahren, ohne zu schalten! Diese neumodischen Schaltbremshebel haben die Leute alle total versaut!"
Bevor der schmatzend rauchende Hüne ausfallend wurde, blieb ich lieber still, denn ich wollte ja was lernen, damit ich nicht für immer ein Stratege bleiben musste. Keiner mag Strategen. Darum.
„Und die Weinmann-Bremsen! Ein Gedicht!“, führte der weißbärtige Stra... Hüne weiter aus.
Ärgerlich wäre gewesen, dass ihm irgendwann mal einer die Campagnolo Aufkleber abgeknibbelt hätte. Ein Sportsfreund hätte ihm dann gesagt, er hätte noch welche, die könne er ihm drauf machen. „Dat war vielleicht ein Stratege! (Da! Das böse Wort!) Da hat der mir die völlig falschen Aufkleber...!!! Wat hab ich mich geärgert!“
Der weißbärtige Hüne zog etwas schneller schmatzend am Rotzkocher.
„Und hier! Todschick mit den Hochflanschnaben, auch von Campagnolo!“
Jetzt wollte ich das Rad aber auch mal gesehen haben. Ich war nämlich sehr neugierig gewesen.
Auf das „Campagnolo-Rad“.
Recht bald nach dieser Aussage ging ich mit dem weißbärtigen Hünen, inkl. Pfeife in Richtung eines Verschlags, in dem sich nach Öffnen des Tores ein hübsches Sammelsurium offenbarte.
Ganz hinten stand ein Gebrauchtrad, hinter einigen planetengetriebenen Falträdern britischer Provenienz. Die fand ich aber doof.
Der Hüne erzählte, während er weiter schmatzend die Pfeife im Mundwinkel behielt, dass er das Rad schon ewig nicht mehr genutzt habe, weil er im Laufe der Jahre etwas an Gewicht zugelegt hätte und die Haltung auf so einem Rennrad sei ja nun auch nicht gerade die Bequemste und
in den Körbchen der Pedale fühlte er sich auch nicht mehr so wohl, da sei es wohl immer weiter nach hinten in Richtung der rückwärtigen Garagenmauer gewandert. Von ganz alleine, quasi.
Jetzt hätte er sich gerade ein Rad mit Elektromotor gekauft. Das sei was ganz was Feines..
„Mh, mh.“ erwiderte ich interessiert, während ich die linke Augenbraue hob. Ich wollte doch das „Campagnolo-Rad“ sehen.
Seit fast 50 Jahren hätte er nun dieses Rad. Damals, als 14-Jähriger, hätte er es bekommen.
„Oh, wie haste denn das damals finanziert? Das Taschengeld wird ja wohl kaum gereicht haben.“ merkte ich an.
„Neeeeeeee!“, schmauchte der Hüne. „Das bekam ich geschenkt! Vom Erstbesitzer!“
Der Erstbesitzer war nämlich mindestens eine regionale Größe im Radsport des Ruhrgebiets der 1950er Jahre.
Und er, der Hüne, hätte auch Talent gehabt, aber kein Geld für ein Rad und er hätte beim Mühlenfels (oder -feld) gebittelt und gebettelt, ob er nicht was für ihn zum Fahren hätte, wo er doch sooo gerne Rennrad fahren wolle.
„Und dann, da war ich bei dem im Wohnzimmer, da hatte der das Rad über der Couch an der Wand hängen, neben den ganzen Medalljen und Urkunden und Wimpeln. Da hat der das Rad von der Wand genommen und zu mir gesagt: „Hier! Aber nur in gute Hände! Und jetzt gib Ruh´!“
_________________________
Nachtrag:
Falls jemand Informationen zu besagtem Radsportler Mühlenfels (oder -feld) beisteuern kann, wäre ich sehr dankbar. Und überaus erfreut!
Der weißbärtige Hüne zog schmatzend an seiner Pfeife.
„Ach!“, sagte ich.
Und dann hatte ich ein Rad mehr...
[2195]
Also, nicht sofort.
Erstmal wollte ich genauer bescheid wissen. Bescheid wissen ist furchtbar wichtig, hier bei uns am Niederrhein. Nichtbescheidwisser haben nämlich einen ganz besonderen Namen. Man nennt sie „Strategen“. Wisster Bescheid!
Ich bin ja so´n Stratege, was Rennradkomponenten betrifft. Böhmische Dörfer sind das für unsereins. Da hab ich gedacht: Hör gut zu! Kannste noch was lernen.
„Joah,“ hob der Hüne an, „das Rad hab ich vor 50 Jahren von ´nem Rennradfahrer gekriegt (erhalten, Anm. d. Autors). Das war schon was Besseres, damals. Der Fahrer hieß Mühlenfeld oder Mühlenfels, dat weiß ich nich mehr so genau. Jedenfalls war die Ausstattung Tip-top, da gibbet gar nix zu zu meckern!“
„Der hatte sich das Rad bei Dornbusch in Duisburg maßschneidern lassen. Der Rahmen hat nämlich keine Rahmennummer, sondern da ist der Name vom Mühlenfeld (oder -fels) eingeschlagen.
Sauteuer muss dat gewesen sein.“
„Und ´ne Hüreh-Schaltung! Hüreh! Dat war die beste, die man damals für Geld kriegen konnte!“
Meine Frage, warum eine Huret-Schaltung an einem „Campagnolo-Rad“ verbaut war, wo doch Campagnolo selber ganz passable Schaltwerke auch damals schon hergestellt hatte wurde mit der Wiederholung
„Hüreh! Dat war die beste, die man damals für Geld kriegen konnte!“
beantwortet. Punkt.
Hip Hip Hüreh...
"Und wer will schon schalten!? Damals, da sind wir in einem Gang los gefahren und sind bis, bis... bis Amsterdam sind wir gefahren, ohne zu schalten! Diese neumodischen Schaltbremshebel haben die Leute alle total versaut!"
Bevor der schmatzend rauchende Hüne ausfallend wurde, blieb ich lieber still, denn ich wollte ja was lernen, damit ich nicht für immer ein Stratege bleiben musste. Keiner mag Strategen. Darum.
„Und die Weinmann-Bremsen! Ein Gedicht!“, führte der weißbärtige Stra... Hüne weiter aus.
Ärgerlich wäre gewesen, dass ihm irgendwann mal einer die Campagnolo Aufkleber abgeknibbelt hätte. Ein Sportsfreund hätte ihm dann gesagt, er hätte noch welche, die könne er ihm drauf machen. „Dat war vielleicht ein Stratege! (Da! Das böse Wort!) Da hat der mir die völlig falschen Aufkleber...!!! Wat hab ich mich geärgert!“
Der weißbärtige Hüne zog etwas schneller schmatzend am Rotzkocher.
„Und hier! Todschick mit den Hochflanschnaben, auch von Campagnolo!“
Jetzt wollte ich das Rad aber auch mal gesehen haben. Ich war nämlich sehr neugierig gewesen.
Auf das „Campagnolo-Rad“.
Recht bald nach dieser Aussage ging ich mit dem weißbärtigen Hünen, inkl. Pfeife in Richtung eines Verschlags, in dem sich nach Öffnen des Tores ein hübsches Sammelsurium offenbarte.
Ganz hinten stand ein Gebrauchtrad, hinter einigen planetengetriebenen Falträdern britischer Provenienz. Die fand ich aber doof.
Der Hüne erzählte, während er weiter schmatzend die Pfeife im Mundwinkel behielt, dass er das Rad schon ewig nicht mehr genutzt habe, weil er im Laufe der Jahre etwas an Gewicht zugelegt hätte und die Haltung auf so einem Rennrad sei ja nun auch nicht gerade die Bequemste und
in den Körbchen der Pedale fühlte er sich auch nicht mehr so wohl, da sei es wohl immer weiter nach hinten in Richtung der rückwärtigen Garagenmauer gewandert. Von ganz alleine, quasi.
Jetzt hätte er sich gerade ein Rad mit Elektromotor gekauft. Das sei was ganz was Feines..
„Mh, mh.“ erwiderte ich interessiert, während ich die linke Augenbraue hob. Ich wollte doch das „Campagnolo-Rad“ sehen.
Seit fast 50 Jahren hätte er nun dieses Rad. Damals, als 14-Jähriger, hätte er es bekommen.
„Oh, wie haste denn das damals finanziert? Das Taschengeld wird ja wohl kaum gereicht haben.“ merkte ich an.
„Neeeeeeee!“, schmauchte der Hüne. „Das bekam ich geschenkt! Vom Erstbesitzer!“
Der Erstbesitzer war nämlich mindestens eine regionale Größe im Radsport des Ruhrgebiets der 1950er Jahre.
Und er, der Hüne, hätte auch Talent gehabt, aber kein Geld für ein Rad und er hätte beim Mühlenfels (oder -feld) gebittelt und gebettelt, ob er nicht was für ihn zum Fahren hätte, wo er doch sooo gerne Rennrad fahren wolle.
„Und dann, da war ich bei dem im Wohnzimmer, da hatte der das Rad über der Couch an der Wand hängen, neben den ganzen Medalljen und Urkunden und Wimpeln. Da hat der das Rad von der Wand genommen und zu mir gesagt: „Hier! Aber nur in gute Hände! Und jetzt gib Ruh´!“
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Nachtrag:
Falls jemand Informationen zu besagtem Radsportler Mühlenfels (oder -feld) beisteuern kann, wäre ich sehr dankbar. Und überaus erfreut!
Weinachten machen!
Nur, dat ihr bescheid weisst...
Ein neuer Rechner ist im Haus... wo hab ich denn nochmal die aol-cd hin gelegt???
[2114]
"Die Fläschkes passen hervorragend in die Trikottaschen"
Installation auf Zeit in Valence
[2095]
Also, ich hab ja ein „neues“ Rad, wissen Sie, geneigter Leser.
Das wollte ich eigentlich ja gar nicht haben – ich schwör´!
Das war nämlich so gewesen, daß ich auch für die nasse Jahreszeit ein Rad gesucht habe (naja, vielmehr habe ich abgewartet, ob eins vorbeigeflogen kommt, so zufällig. Soll ja vorkommen.). So eines mit Schutzblechen, damit ich nicht immer mit dem Eisenhaufen mit den schlechten Bremsen von 1934 in den dichten Novemberverkehr von 2014 eintauchen muss.
Eisenhaufen
Der November, das ist nämlich der schlimmste Monat vom ganzen Jahr, weil da keine Sau Urlaub hat und alle wegen der Meteorologie mit dem eigenen Auto auffe Maloche oder zum Stempeln fahren. Bus und Bahn fährt ja auch keiner, wegen der Meteroritenlogie. Bei Regen an der Haltestelle zu stehen und mit klappernden Zähnen sowie aufgestellten Nackenhaaren „Happy“ zu singen... macht doch heute kein Aas mehr. Lieber auffe Sitzheizung hocken und „Atemlos“ mitflöten. Im Stau.
Durch das Flöten beschlagen dann die Scheiben und dann sehen die Autos die anderen Verkehrsteilnehmer nicht und Kazonk! Schon ist ein Unglück geschehen!
Weil der schwächere Verkehrsteilnehmer immer, aber auch wirklich immer, für die anderen Blödbommel mitdenken muss. Wenn dann die Bremsen nicht gehen – dann ist das blöd. Da nützt dann auch die ganze Theorie nix. Darum haben die Fixie-Räder (ohne Bremsen) auch so großen Anklang unter Akademikern. Vonwegen der Praxisferne und so.
Und Schutzbleche wären schön, für so ein Novemberfahrrad. Man weiß ja nie, welche Hinterlassenschaft da so unter dem Herbstlaub lauert. Und das kann ganz schön hoch spritzen, wenn man da so mit 35 km/h auf dem Gehweg unterwegs ist. Und man kann ja die Augen auch nicht überall haben. Auf dem Weg und auf das Smartphone. Und solange, wie das keine Chamäläonaugen für den Menschen gibt, da muss man eben Prioritäten setzen!
Denn wenn auf die gelesene Kurznachricht nicht stehenden Fußes eine Antwort erfolgt, dann ist das Zwischenmenschliche empfindlich gestört. Da machste nix. Und deswegen ja dann auch die Schutzbleche, vonwegen der Sicherheit der Zwischenmenschlichkeit.
Vielleicht kennt der geneigte Leser ja den flotten Spruch: „Freitag um eins – macht jeder seins!“
In Deutschland ist das ja jetzt so, seit einigen Jahren, dass der Freitag bereits montags beginnt und sonntags nicht endet. So gesellschaftlich betrachtet.
Und dann wären Fahrräder mit Schutzblechen auch gut. Denn dann könnten die Premiumprojekte aka Kinder, auch bei miesem Wetter mit dem Rad zur Schule fahren. Selbstätig. Und müssten nicht von unterforderten Eltern mit dem Auto bis in den Klassenraum begleitet werden. Weil die Schutzbleche am Kolnago-Karbon-Kinderrad fehlen.
Achso, das neue Rad... naja, mach ich mal kurz:
Ich mein, bevor der das auf den Müll tut, da nehm ich das doch lieber mal mit, zur Sicherheit.
Nach wie vor im Verzug mit der täglichen Künstlerei... die Bauarbeiten dauern an...
Der November ist ja ein Monat, der für Deutschland wichtige Termine bereithält.
Ich möchte, während hier im Atelier nach wie vor der Bohrmeissel dröhnt, mir doch mal einen kleinen Rückblick gestatten.
Auf die Weimarer Republik.
Da: http://prieditis.blogger.de/topics/weimar/
[2090]
"Lassen Sie sich von seinem freundlichen Äusseren nicht täuschen!"
Cool, nach dem Umbau der örtlichen sogenannten Spaßkasse sind die, in Ermangelung eines besseren Wortes, Schaltermenschen lediglich dazu da, um sogenannte größtmögliche Informationen darüber zu erteilen, daß künftig keine Aktionen am ehemals Schalter genannten Point of Desinteresse mehr durchgeführt werden. Dazu stünden, so der sich selbst abhalfternde sogenannte Kundenberater, die modernen Automaten zur Verfügung.
Die pro Transaktion eingetriebenen Gebühren, die man auch aus anderen Gründen mit einem weitaus kräftigeren Kraftausdruck als unappetitlich benennen könnte, bleiben jedoch erhalten...
Es bleibt abzuwarten, ob der Aufwand eines Kontowechsels die Trägheitshürde des sogenannten Kunden überspringt.
[2088]
"Art rehab due to building rehab"
Falls Sie sich wundern... das Atelier ist momentan Baustelle. An Arbeit ist nicht zu denken!
Also, so richtig Baustelle. 14 Tonnen wurden bereits bewegt. Da sind das ganze Glump aus dem Atelier noch gar nicht eingerechnet.
Naja, solange kann ich ja Rad fahren...